Bundesgericht Asylbereich: Kanton Zürich muss Verträge offenlegen

zs, sda

1.4.2021 - 09:49

Das Bundesgericht hat eine Beschwerde des Sozialamts des Kantons Zürich abgewiesen. Die Behörde wollte einem Journalisten der «Republik» die Einsicht in die Verträge mit der ORS Service AG im Asylbereich gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip verwehren.

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Basierend auf dem in der Kantonsverfassung festgeschriebenen Öffentlichkeitsprinzip können Interessierte Einsicht in amtliche Dokumente verlangen. Diese ist grundsätzlich zu gewähren. Es bestehen jedoch Ausnahmen, wie beispielsweise die Geschäftsgeheimnisse Dritter.

Ein solcher Dritter ist in diesem Fall die ORS, die sich nicht gegen die Offenlegung ihrer Verträge mit dem Sozialamt stellte. Das Amt selbst fürchtet jedoch, dass seine Stellung bei zukünftigen Vertragsabschlüssen durch eine Veröffentlichung geschwächt würde. Dies geht aus einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervor.

Die Lausanner Richter halten fest, dass die ORS nicht verpflichtet werden könne, ihre eigenen allfälligen Geschäftsgeheimnisse geheim zu halten. Es sei zwar nicht völlig ausgeschlossen, dass sich die Ausgangslage für das Sozialamt bei zukünftigen Vergabeverfahren bei allgemeiner Bekanntheit der Verträge verändern könnte.

Allerdings sei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe genau dieser Informationen besonders hoch. Nur so sei die Kontrolle des staatlichen Handelns und der öffentlichen Ausgaben möglich.

Zweiter Fall noch hängig

Das Sozialamt führte unter anderem das Argument ins Feld, dass es nur wenige Anbieter im Asylbereich gebe und das für eine Geheimhaltung der Leistungsverträge sprechen würde. Dies lässt das Bundesgericht aber nicht gelten.

Es hält es im Gegenteil für denkbar, dass der Wettbewerb verstärkt werden könnte, wenn nicht nur die ORS und die Asylorganisation Zürich (AOZ) über die Vertragskonditionen Bescheid wüssten. Die AOZ ist der zweite Leistungserbringer für den Kanton Zürich.

Auch für die AOZ-Verträge reichte der Journalist ein Gesuch um Einsicht ein. Der Fall ist hängig, weil die AOZ sich noch zur Geheimhaltung allfälliger Geschäftsgeheimnisse äussern kann.

Gemäss Urteil des Bundesgerichts erhielt die ORS im November 2018 vom Kanton Zürich den Zuschlag für Dienstleistungen im Asylbereich in der Höhe von 33,6 Millionen Franken. Für die an die AOZ vergebenen Dienstleistungen bezahlt das Zürcher Sozialamt total 83,26 Millionen Franken. (Urteil 1C_267/2020 vom 22.2.2021)