Das Bezirksgericht Zürich hat sich am Freitag mit der Frage zu befassen, ob zwei Ärzte den Tod eines Patienten fahrlässig verschuldet haben, wie die Staatsanwaltschaft geltend macht. Die Beschuldigten bestehen darauf, sie hätten keinen Fehler gemacht. Das Urteil wird am frühen Abend eröffnet.
Klar ist: Ende Oktober 2012 liess sich ein gesunder 42-jähriger Familienvater in einer Zürcher Privatklinik eine Fehlstellung seines Magens operativ korrigieren. Acht Tage später war er tot. Die Rechtsmediziner stellten unter anderem fest, dass die Lunge verletzt und das Lungengewebe schwer geschädigt war.
Beide Beschuldigten wiesen die Vorwürfe der Anklage zurück. Es sei nichts falsch gelaufen, sagte der Chirurg, aber es sei "sehr ungünstig verlaufen". Auf die Frage des Richters, was man hätte besser machen können, antwortete er: "Zynisch gesagt, wäre es besser gewesen, gar nicht zu operieren."
Auch der Intensivmediziner erklärte, er sei sich im ganzen mittlerweile gut sechsjährigen Verfahren niemals einer Sorgfaltspflichtverletzung bewusst gewesen. Als er den Patienten am Morgen nach der Operation erstmals sah, habe er das Gefühl gehabt, man müsste nochmals operieren. Er habe das mit dem Chirurgen diskutiert, der eine erneute Operation aber ablehnte.
"Arroganz des Star-Chirurgen"
Der Vertreter der Hinterbliebenen warf namentlich dem Chirurgen schwere Verfehlungen vor. Die eigentliche Ursache für den Todesfall sei seine Arroganz und Unbelehrbarkeit als renommierter Star-Chirurg. Dieser Status werde auch deutlich in den medizinischen Gutachten: Jegliche Kritik am Vorgehen der Beschuldigten werde umgehend relativiert.
Schon die Wahl des "Schlüsselloch"-Operationsverfahrens sei falsch gewesen und riskanter als eine offene Operation. Aufforderungen anderer am Eingriff beteiligter Ärzte, nach Stunden auf die offene Operation zu wechseln, habe er nicht beachtet. Die Privatkläger sind überzeugt, dass der Chirurg schon während dem Eingriff die Lunge verletzt habe.
Zwei erfahrene Ärzte
Schon während des mehr als siebenstündigen Eingriffs und auch noch am Abend nach der Operation wurden beim Patienten Lungenprobleme festgestellt. Am Morgen machte der Intensivmediziner aufgrund des schlechten Zustands des Patienten ein Röntgenbild. Er teilte dem Chirurgen daraufhin mit, der Magen sei erneut in die falsche Stellung im Brustkorb gerutscht.
Ohne das Röntgenbild anzusehen, war der Chirurg überzeugt, das könne nicht sein. Es handle sich gewiss um eine Luftblase. Diese könne man mittels einer Magensonde absaugen. Ohnehin werde er den Patienten in dessen instabilem Zustand nicht gleich wieder operieren.
Auf eine Computertomografie, wie sie erwogen wurde, verzichtete man. Sie wäre mit weiteren Belastungen für den Patienten verbunden gewesen, ohne dass ein zusätzliche Erkenntnisse gewonnen worden wären.
USZ stellt Anzeige
Als der Intensivmediziner die Magensonde legte, wurde die Speiseröhre verletzt. Dies führte zu einer sehr aggressiven Blutvergiftung. Der Zustand des Patienten verschlechterte sich weiter. Auch eine erneute - diesmal offene - Operation half nicht.
Am achten Tag nach der Operation wurde der 42-Jährige ins Universitätsspital (USZ) verlegt. Dort wurde eine grosse Hirnblutung festgestellt. Der Patient starb noch am gleichen Tag und das USZ reichte Anzeige ein.
Bedingte Geldstrafen gefordert
Die Staatsanwältin, die vor dem Einzelrichter nicht persönlich auftrat, beschuldigt den heute 69-jährigen Chirurgen und den heute 63-jährigen Intensivmediziner der fahrlässigen Tötung. Die beiden erfahrenen Schweizer Ärzte hätten notwendige Massnahmen unterlassen und die Sorgfaltspflicht verletzt.
Für beide Beschuldigte verlangt sie bedingte Geldstrafen von je 300 Tagessätzen. Für den Chirurgen in der Höhe von 1200 Franken, für den Intensivmediziner von 600 Franken - gemäss deren finanziellen Verhältnissen.
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