Das Bezirksgericht Winterthur hat am Dienstag eine 36-jährige Hundesitterin vom Vorwurf der Tierquälerei vollumfänglich freigesprochen. Eine deutliche Rüge gab es für die Arbeit der Staatsanwaltschaft in dem Verfahren.
Keystone-SDA, leph, sda
05.03.2024, 10:38
05.03.2024, 16:13
SDA
«Es ist nicht ersichtlich, dass Sie sich in irgendeiner Form pflichtwidrig oder unsorgfältig verhalten haben», sagte die zuständige Einzelrichterin bei der Urteilseröffnung zur Beschuldigten Hundesitterin.
Der Vorwurf, sie solle den ihnen anvertrauten Hunden Qualen, Schmerz oder nur schon Unwohlsein verursacht haben, sei geradezu «an den Haaren herbeigezogen». Die Freigesprochene nahm die klaren Worte der Richterin mit Tränen der Erleichterung auf.
«Es tut uns fast leid, dass sie in die Sache hineingezogen wurden und so lange auf ein Urteil warten mussten», sagte die Richterin weiter. Die Staatsanwaltschaft habe in dem Verfahren das Beschleunigungsgebot verletzt. Heisst: Sie hat die Sache viel zu lange immer wieder liegen gelassen, während die Beschuldigte darunter litt und um ihre berufliche Existenz bangte. Erst im Dezember 2023, dreieinhalb Jahre nach Eröffnung des Verfahrens, wurde Anklage erhoben.
Sie soll die Hunde unzureichend gefüttert haben
Die 36-jährige Schweizerin, eine selbständige Hundesitterin mit Ausbildung als Tierpflegerin, nahm im November 2019 drei Hunde eines Mannes aus dem Kanton Zürich bei sich auf. Vereinbart waren mindestens drei Wochen, eventuell länger.
Sie habe die drei betroffenen Hunde nach Anweisung des Besitzers gefüttert, sagte die Hundesitterin an der Verhandlung. Nach einigen Wochen habe sie gemerkt, dass die Futtermenge zu knapp bemessen sei. Sie habe den Hunden daraufhin ab sofort mehr Futter gegeben und dies dem Besitzer auch mitgeteilt.
Die Verteidigerin der Beschuldigten beantragte einen Freispruch. Die Staatsanwaltschaft forderte in der Anklageschrift wegen fahrlässiger Tierquälerei eine bedingte Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 60 Franken sowie eine Busse von 900 Franken.
Die Verteidigerin warf dem zuständigen Staatsanwalt, der an der Verhandlung nicht anwesend war, neben der viel zu langen Verfahrensdauer etliche weitere Fehler vor.
Verteidigerin zerpflückt Anklage
Laut der Verteidigerin würden die Anklage und die Akten zu dem Verfahren die Vorwürfe nicht belegen, sondern geradezu widerlegen. Die Staatsanwaltschaft warf der Hundesitterin fahrlässige Tierquälerei vor, weil die ihr anvertrauten Hunde während ihres knapp zwei Monate dauernden Aufenthalts viel Gewicht verloren hätten.
Die Hundesitterin hat laut ihrer Verteidigerin das Problem jedoch rechtzeitig erkannt und richtig reagiert. Das vom Hundebesitzer empfohlene Futter sei für grössere Hunde generell nicht ideal «Ich würde es meinen eigenen Hunden nicht geben», sagte die Beschuldigte.
Zudem litt einer der Hunde an verschiedenen Beschwerden und musste Medikamente einnehmen. Gegen Ende des Aufenthalts in der Tierpension verschlechterte sich sein Zustand laut Anklage. In den Augen der Staatsanwaltschaft hätte die Hundesitterin notfallmässig einen Tierarzt aufsuchen müssen.
Tatsächlich musste der Hund kurz nach Ende des Aufenthalts in der Tierpension eingeschläfert werden. Er litt an Krebs, was die Hundesitterin aber nicht wusste. «Das Verhalten des Hundes war bis zum Schluss des Aufenthalts bei mir normal, beziehungsweise hat sich nicht verändert.» Das Tier habe gefressen, kein Fieber gehabt und auch sonst keine Symptome einer ernsthaften Erkrankung gehabt.
An einem Freitagabend, kurz bevor die drei Hunde wieder zu ihrem Halter zurück sollten, habe sie eine leichte gelbliche Verfärbung in den Augen des Tieres festgestellt. Dabei handelte es sich gemäss Staatsanwaltschaft um einen Hinweis auf ernsthafte Leberprobleme des Hundes, die sofort behandelt gehört hätten.
Als der Hund am Sonntag nach knapp zwei Monaten in der Tierpension zurück bei seinem Halter war, verschlechterte sich sein Zustand rasant. Nach seinen Angaben erbrach er sich, hatte Durchfall und kollabierte regelrecht. Trotzdem brachte ihn der Halter erst am darauffolgenden Tag zum Tierarzt, wo er aufgrund seines schlechten Zustands und der fortgeschrittenen Krebserkrankung eingeschläfert werden musste.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann ans Obergericht weitergezogen werden. Die Verteidigerin kündigte zudem im Gerichtssaal an, wegen des Falls möglicherweise eine Aufsichtsbeschwerde gegen den zuständigen Staatsanwalt einzureichen.
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