Die Cum-Ex-Geschäfte des Deutschen Drogerie-Königs Erwin Müller sind heute Thema vor dem Bezirksgericht Zürich: Drei Deutsche müssen sich wegen Wirtschaftsspionage verantworten, weil sie geheime Daten der Bank J. Safra Sarasin weitergegeben haben sollen. Allerdings spielen die Anwälte der Beschuldigten auf Zeit und versuchen, den Prozess platzen zu lassen.
Die Anwälte der drei Beschuldigten stellten zu Beginn gleich mehrere Anträge, mit denen sie den Prozess zu verhindern oder zumindest zu verzögern versuchen. Sie verlangten am Dienstag, dass der Fall völlig neu aufgerollt wird, weil der Staatsanwalt befangen und parteiisch sei.
Die Anklage habe sich von Anfang an auf die Seite der Bank J. Safra Sarasin gestellt und entlastende Aspekte konsequent ignoriert. Die Anwälte kritisierten zudem das Aktenverzeichnis der Staatsanwaltschaft sowie die Verfahrensführung allgemein.
Für den Staatsanwalt ist klar, was die Verteidiger damit erreichen wollen. «Hier werden irrelevante Sachen aufgebauscht in der Hoffnung, dass der Prozess nicht stattfindet.»
Das Bezirksgericht wird am Nachmittag bekannt geben, ob es die Anträge gutheisst und der Prozess platzt – oder ob die Befragungen doch noch wie geplant beginnen können. Es ist nicht unüblich, dass juristische Vorfragen zu Verzögerungen führen. Dass Vorfragen einen ganzen Vormittag in Anspruch nehmen, ist jedoch selten.
Drogerie-König falsch beraten
Bei den drei Beschuldigten handelt es sich um Eckart Seith, den Anwalt des 86-jährigen Drogerie-Königs Erwin Müller, sowie zwei ehemalige Mitarbeiter der Schweizer Bank J. Safra Sarasin.
Die Bank riet Milliardär Müller vor einigen Jahren, in den Luxemburger Sheridan-Fonds zu investieren, über den so genannte Cum-Ex-Geschäfte abgewickelt wurden. Dabei wurden Erstattungen auf Kapitalertragssteuern mehrfach vom Deutschen Fiskus zurückgefordert.
Dies wurde mit Aktientransaktionen rund um den Stichtag für Dividendenzahlungen möglich – und brachte den Deutschen Staat im Laufe der Jahre um Milliarden. Cum-Ex-Geschäfte wurden deshalb in Deutschland 2012 verboten, der Sheridan-Fonds brach zusammen.
Mit dem Zusammenbruch des Fonds war auch Müllers Geld weg. Er forderte Schadenersatz von der Bank J. Safra Sarasin – und erhielt Recht. Das Landgericht Ulm entschied 2017, dass die Bank ihm 45 Millionen Euro zurückzahlen muss, weil sie den Drogerie-König falsch beraten habe. Müller beteuerte stets, dass er nicht gewusst habe, in was er da investiere und über den Tisch gezogen worden sei.
Gewonnen wurde der Prozess vor allem deshalb, weil Müllers Anwalt Eckart Seith in den Besitz von geheimen Bank-Unterlagen kam und diese im Prozess auch verwendete. Wegen der Verwendung dieser brisanten Unterlagen muss sich Seith nun vor Gericht verantworten.
Die Anklage fordert eine Verurteilung wegen wirtschaftlichen Nachrichtendienstes, also Wirtschaftsspionage, und eine Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren – unbedingt.
Die beiden ebenfalls vor Gericht stehenden Ex-Banker sind angeklagt, weil sie die geheimen Bank-Unterlagen herausgegeben zu haben. Sie sollen wegen Wirtschaftsspionage sowie Verletzung des Bankgeheimnisses verurteilt werden.
Für den Staatsanwalt ist klar, dass die Bank J. Safra Sarasin ausspioniert wurde, damit der Drogerie-König den 45-Millionen-Prozess gegen sie gewinnen konnte.
Der Prozess vor dem Zürcher Bezirksgericht dauert voraussichtlich zwei Tage, die Fortsetzung findet am Donnerstag statt. Wann das Urteil eröffnet wird, ist offen.
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