Wirtschaftsspionage Einer von drei Beschuldigten wegen Wirtschaftsspionage verurteilt

SDA

11.4.2019 - 10:51

Das Bezirksgericht Zürich hat am Donnerstag einen von drei Beschuldigten wegen Wirtschaftsspionage und zwei weiteren Delikten verurteilt. Die beiden anderen sprach es der Anstiftung zum mehrfachen Vergehen gegen das Bankengesetz schuldig.

Alle drei kamen mit bedingten Strafen davon. Die Urteile sind allerdings noch nichts rechtskräftig. Zwei Beschuldigte meldeten gleich im Gerichtssaal Berufung an, der dritte sowie der Staatsanwalt wollen die schriftliche Urteilsbegründung abwarten.

Die Staatsanwaltschaft hatte für alle drei Beschuldigten Verurteilungen wegen Wirtschaftsspionage in zahlreiche Fällen und einer Reihe weiterer Delikte gefordert. Dafür sollten sie mit Freiheitsstrafen von drei Jahren teilbedingt und 3,5 Jahren sowie drei Jahren und zehn Monaten unbedingt bestraft werden.

Die Bezirksrichter sprachen einen der drei Deutschen schuldig der Wirtschaftsspionage in einem von zahlreichen eingeklagten Fällen, der versuchten mehrfachen Nötigung und des mehrfachen Vergehens gegen das Bankengesetz.

Sie verurteilten den 52-jährigen Juristen zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten und einer Geldstrafe von 170 Tagessätzen zu 120 Franken, beides bedingt. Er hat als einziger der drei Beschuldigten noch nicht Berufung angemeldet.

Die beiden anderen, ein 61-jähriger Rechtsanwalt und ein 58-jähriger Bankangestellter, wurden vom Vorwurf der Wirtschaftsspionage freigesprochen. Das Gericht befand sie einzig der Anstiftung zum mehrfachen Vergehen gegen das Bankengesetz schuldig. Sie erhielten bedingte Geldstrafen von je 360 Tagessätzen. Der Rechtsanwalt zu 460 Franken, der Bankangestellte zu 360 Franken.

Cum-Ex-Geschäfte

Bei dem Verfahren ging es um geheime Dokumente der Schweizer Privatbank J Safra Sarasin im Zusammenhang mit den inzwischen illegalen Cum-Ex-Geschäften. Mit diesen wurde dank Steuertricks der deutsche Fiskus um hunderte Millionen Euro geprellt.

Der bei der Bank angestellte Jurist und der Bankangestellte, der früher bei der Privatbank gearbeitet hatte, sorgten dafür, dass diese Dokumente an Rechtsanwalt Eckhart Seith weitergeleitet wurden. Dieser konnte sie dann in einem Prozess zu Gunsten seines Mandanten, des deutschen Drogerie-Königs Erwin Müller, verwenden.

Müller hatte viel Geld verloren, als die Cum-Ex-Geschäfte in Deutschland verboten wurden und der Fonds, in den er investiert hatte, zusammenbrach. Er beschuldigte die Bank, ihn schlecht beraten zu haben, und verklagte sie auf Entschädigungszahlungen. Das Landgericht Ulm gab ihm recht. Es verurteilte die Bank 2017 zu Schadenersatz von 45 Millionen Euro.

Kein leichtes Verschulden

Das Verschulden der drei wiege nicht mehr leicht, sagte der Gerichtsvorsitzende in der mündlichen Urteilseröffnung. Das Gericht berücksichtigte aber bei der Strafzumessung, dass ein zentrales Motiv der Beschuldigten die Missbilligung der Cum-Ex-Geschäfte war.

Der Jurist machte sich der Wirtschaftsspionage schuldig, weil er eine Liste mit Kundennamen der Bank, wo er als Jurist arbeitete, an einen deutschen Journalisten weitergab. Er gab die Liste auch unbefugt an Rechtsanwalt Seith weiter und verletzte damit das Bankgeheimnis. Mit seinem Handeln habe er gegen das Anwaltsgesetz verstossen.

Der ehemalige Bankangestellte, der die Übergabe der Dokumente arrangierte, habe gegenüber seiner früheren Arbeitgeberin, der Privatbank, «rücksichtslos gehandelt», sagte der Richter. Er habe neue Kunden gewinnen wollen. Damit habe er gegen Treu und Glauben verstossen.

Konfliktthema Bankgeheimnis

Seith nahm laut dem Gerichtsvorsitzenden die geheimen Dokumente in Empfang. Er habe sie aber nicht für sich selbst verwendet, sondern sie sollten im Zivilverfahren in Ulm seinem Mandanten zum Erfolg verhelfen. Er sei eine Art Agent von Müller gewesen.

Die Themen Steuerbetrug und Bankgeheimnis sorgen immer wieder für Irritationen zwischen der Schweiz und Deutschland. So gilt denn auch Rechtsanwalt Seith in Deutschland als mutiger Whistleblower der zur Aufdeckung des Cum-Ex-Skandals beigetragen habe.

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