Umwelt Verteidiger verlangt in Dielsdorf Freisprüche für Waldbesetzer

olgr, sda

28.6.2024 - 10:23

Umweltaktivisten besetzten im April 2023 einen Rümlanger Wald, um gegen eine Deponie-Erweiterung zu protestieren: Das Bezirksgericht Dielsdorf befasst sich nun mit dem Fall. (Archivbild)
Umweltaktivisten besetzten im April 2023 einen Rümlanger Wald, um gegen eine Deponie-Erweiterung zu protestieren: Das Bezirksgericht Dielsdorf befasst sich nun mit dem Fall. (Archivbild)
Keystone

Der Verteidiger von vier Umweltaktivistinnen und -aktivisten hat am Freitag vor dem Bezirksgericht Dielsdorf Freisprüche verlangt: Die Waldbesetzung im Rümlanger Wald im April 2023 sei gar nicht rechtswidrig gewesen. Die Urteile folgen Mitte Juli.

Keystone-SDA, olgr, sda

Vor Gericht waren die vier Beschuldigten am Freitag nicht erschienen. Das Bezirksgericht Dielsdorf hatte sie vom Besuch dispensiert: Da sie bislang keinerlei Aussagen machten und dies auch vor Gericht nicht ändern wollten, hätte eine Befragung wenig gebracht. So plädierte einzig deren Verteidiger, der für alle vier vollumfängliche Freisprüche verlangte.

Das Statthalteramt hatte den vier Personen eine Gehilfenschaft zur Übertretung des Waldgesetzes vorgeworfen und ihnen Bussen von 750 Franken und Gebühren von 550 Franken auferlegt: Ihre Aktion «Wald statt Schutt» sei nicht bewilligt gewesen, das Waldstück «Chalberhau» sei vom 8. bis 20. April 2023 illegal besetzt gewesen.

Die Aktivistinnen und Aktivitäten hätten dabei Pflanzenwelt und Tiere im Wald stark beeinträchtigt. Sie hätten unter anderem ein Lager mit Zelten und Baumhütten, mehrere Bretterstege, eine «Wildlife-Toilette» und ein Sanitätszelt errichtet. Die benötigten Materialien hätten sie zudem unerlaubterweise mit Motorfahrzeugen auf Waldwegen transportiert.

Verteidiger: «eine legale Aktion»

Von «schwammigen Formulierungen» sprach der Verteidiger der vier Abwesenden in seinem Plädoyer. Es werde nicht klar dargelegt, mit welchen Handlungen die vom Statthalteramt gebüssten Personen irgendwelche strafbare Handlungen bewusst unterstützt haben sollen.

Im Fall einer heute 27-jährigen Frau sei beispielsweise einzig klar, dass sie eine der ersten Personen gewesen sei, die das Waldgebiet nach dem Eintreffen der Polizei freiwillig verlassen habe. Bei der Räumung seien im Camp keine Spuren von ihr gesichert und keine Gegenstände von ihr gefunden worden. «Es deutet nichts darauf hin, dass sie längere Zeit dort war.»

Zudem stellte der Verteidiger in Frage, ob die Handlungen der unbekannten Aktivistinnen und Aktivisten überhaupt rechtswidrig gewesen seien. Diese hätten mit ihrer Aktion «Wald statt Schutt» dagegen protestiert, dass durch die Erweiterung der Deponie «Chalberhau» Bäume gerodet werden. Sie hätten damit im bedrohten Gebiet auf Umwelt- und Klimaprobleme aufmerksam gemacht. Dies sei als Debatte von öffentlichem Interesse zu werten, die durch Meinungs- und Versammlungsfreiheit geschützt sei.

Als «geradezu ironisch» bezeichnete der Verteidiger den Umstand, dass seinen Mandanten eine Übertretung des Waldgesetzes vorgeworfen werde. Dieses Gesetzt ziele auf den Schutz des Waldes ab, hielt der Verteidiger fest. Und dies sei ja auch das Ziel der Aktivistinnen und Aktivisten gewesen. Denn gemäss Planungsbericht zur Erweiterung der Deponie «Chalberhau» werde ein Teil des Lebensraums zerstört, wegen der Rodung würden auch umliegende Waldgebiete durch mikroklimatische Veränderungen indirekt beeinflusst.

Fünf weitere offene Verfahren

Bei der polizeilichen Räumung wurden elf Personen kontrolliert. Zwei Verfahren gegen Jugendliche wurden mittlerweile eingestellt, wie der Verteidiger im Rahmen seines Plädoyers sagte.

Gegen neun Erwachsene wurden Strafbefehle erlassen, gegen den die Beschuldigten Einsprache erhoben haben. Nachdem nun die ersten vier Verhandlungen in Dielsdorf am Freitag angesetzt waren, folgen die fünf weiteren am 16. und 17. Juli. Dann will das Gericht die Urteile in allen Fällen gemeinsam fällen.

Den Aktivistinnen und Aktivisten drohen nicht nur diese 750-Franken-Bussen: Die Kantonspolizei will ihnen zudem die Kosten für die Räumung überwälzen. Auch dagegen wehrt sich das Kollektiv «Wald statt Schutt», das sich mittlerweile auch «Wald statt Repression» nennt. Dieser Fall ist derzeit am Verwaltungsgericht hängig.