Umwelt Zürcher Gemeinderat will «netto Null» bis 2040

falu, sda

15.12.2021 - 19:25

Der Gemeinderat will in der Zürcher Gemeindeordnung festschreiben, dass die direkten Treibhausgasemissionen auf Stadtgebiet auf netto Null reduziert werden. Das letzte Wort wird die Stimmbevölkerung haben. (Symbolbild)
Der Gemeinderat will in der Zürcher Gemeindeordnung festschreiben, dass die direkten Treibhausgasemissionen auf Stadtgebiet auf netto Null reduziert werden. Das letzte Wort wird die Stimmbevölkerung haben. (Symbolbild)
Keystone

Ambitioniert, aber realistisch: Eine Mehrheit des Zürcher Gemeinderates ist der Ansicht, dass Zürich bis 2040 das Klimaziel netto Null erreichen kann. Sie hat am Mittwoch dafür gestimmt, dieses in der Gemeindeordnung festzuschreiben. Das letzte Wort hat das Stimmvolk, das Geschäft liegt nun bei der Redaktionskommission.

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Bis 2040 sollen die direkten Treibhausgasemissionen auf netto Null reduziert werden, indirekte Treibhausgasemissionen sollen bis dann um 30 Prozent gegenüber 1990 zurückgefahren werden. Die Stadt soll allerdings bereits bis 2035 sämtliche Massnahmen umsetzen, die in ihrem Einflussbereich liegen – mit Ausnahme des Bereichs der Wärmeversorgung.

Der Termin 2035 wurde von der sogenannten Klima-Allianz aus SP, Grüne, GLP, EVP und AL gesetzt, die damit von ihrem ursprünglich propagierten Ziel, netto Null bis 2030, abgerückt ist.

Der Stadtrat habe überzeugend darlegen können, dass ein Umbau der Stadt hin zur Klimaneutralität nicht so schnell vonstatten gehen könne – schon gar nicht beim Ausbau bei der Fernwärme, liessen die Parteien verlauten. Dazu bereitet ihnen Bauchschmerzen, dass mit einem vorzeitigen Abbruch von Infrastruktur graue Energie freigesetzt werden könne.

Die Klima-Allianz-Parteien wollen den Stadtrat allerdings auf einen linearen Absenkpfad bei den Treibhausgasen verpflichten, damit die Senkung des Ausstosses schrittweise und geregelt erfolgen kann. Der Stadtrat soll jährlich einen Bericht über den Fortschritt bei den Klimazielen vorlegen.

Wichtigste umweltpolitische Vorlage

Als wohl wichtigste umweltpolitische Vorlage wurde das Geschäft von den Parteien der Klima-Allianz allenthalben bezeichnet. Die festgesetzten Ziele seine ambitioniert, aber machbar. «Wir können beim Klimaschutz nicht auf technische Wunderlösungen warten», sagte Marion Schmid (SP). Und mahnte, es nütze dem Klima nichts, etwas nur in die Gemeindeordnung zu schreiben. Entscheidend sei, was gemacht werde.

Die Klimakrise zwinge zum Tempo, sind die Grünen der Ansicht. Dass das Klimaziel 2030 nicht möglich sei, sei eine schmerzhafte Erkenntnis. In der Vergangenheit sei Zeit verloren gegangen durch zu zaghaftes Planen und Umsetzen, sagte Julia Hofstetter. «Beim Klimaschutz geht es ganz prioritär um Zeit.»

Die GLP sieht die verabschiedeten Ziele und Massnahmen als Planungssicherheit für Wirtschaft und Bevölkerung. Der Absenkpfad stelle sicher, dass Emissionsreduktion kontinuierlich stattfinden könne, sagte Martina Novak.

Die AL zeigte sich erfreut darüber, dass der Stadtrat mittlerweile die Ökologie und die soziale Gerechtigkeit zusammendenke. Das sei ein wichtiger Fortschritt, sagte David Garcia Nuñez. Es werde vorwärts gemacht: «Die Zeiten helvetischer Gemütlichkeit sind definitiv vorbei.»

Die EVP freute sich, dass eine breit abgestützte Klima-Allianz zustande gekommen sei, die teils bis hin zur FDP reiche. «Wir haben keine Zeit für ideologische Grabenkämpfe», sagte Claudia Rabelbauer. Die Veränderung hin zur Klimaneutralität berge auch wirtschaftliche Chancen.

«Planwirtschaftlich und realitätsfremd»

Die FDP war allerdings nicht uneingeschränkt mit an Bord. Dem gesetzten Zeithorizont könne sich der Freisinn zwar anschliessen, sagte Michael Schmid. Er stellte sich aber gegen das geforderte lineare Absenktempo beim Treibhausgasausstoss und die jährliche Berichterstattung des Stadtrats. Das seien planwirtschaftliche und völlig realitätsfremde Ansätze. Die FDP forderte vergebens, die Berichtsperiode auf zwei Jahre festzulegen.

Die SVP schliesslich lehnte das Geschäft in der Gänze ab. «Die SVP stellt den Klimawandel nicht infrage», sagte Walter Anken. Die Forderungen seien allerdings allesamt unrealistisch und unterschätzten die Komplexität der Sache. Dazu führten sie zur kompletten staatlichen Bevormundung. «Die Lösung heisst: Innovation. Es gibt keinen Grund, den Leuten Angst zu machen.»

Umweltvorsteher Andreas Hauri (GLP) war auch nicht glücklich über den geforderten jährlichen Bericht. Alle vier Jahre wäre ein besserer Zeithorizont, sagte er. Allerdings akzeptiere der Stadtrat die Forderung des Parlaments. Auch den Zeithorizonten könne er sich anschliessen. Er kündigte allerdings an, dass eine schneller Umsetzung zu höheren Kosten führen werde.

Der Klimastreik Zürich schliesslich reagierte in einer Mitteilung mit «Wut und Entsetzen»: Die Klima-Allianz verrate die künftigen Generationen. «Wenn Sie kein autofreies Zürich wollen, werden wir die Stadt Zürich eben selbst autofrei machen», teilte er mit. Der Klimastreik wolle auch dafür sorgen, dass «bald keine klimazerstörende Grossbank mehr in dieser Stadt steht».