ZwangsmassnahmenZürcher Stadtrat will Opfer der Sozialbehörden entschädigen
paja, sda
28.9.2022 - 13:05
Wer vor 1981 Unrecht durch die Zürcher Sozialbehörden erfahren hat, soll mit 25'000 Franken entschädigt werden. Opfer von Fremdplatzierungen oder sogenannter Nacherziehung kämen etwa infrage, teilte der Stadtrat mit. Zudem werde dieses dunkle Kapitel historisch aufgearbeitet.
28.9.2022 - 13:05
SDA
Im Zusammenhang mit fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 hätten auch Stadtzürcher Fürsorgebehörden Unrecht getan, hielt der Stadtrat Zürich in seinem Beschluss vom Mittwoch fest.
Kinder und Jugendliche wurden in Heimen weggesperrt, fremdplatziert und als billige Arbeitskräfte ausgebeutet. Erwachsene kamen zur «Nacherziehung» in Arbeitsanstalten oder wurden gegen ihren Willen in psychiatrische Kliniken eingewiesen. «Liederliche» und «arbeitsscheue» Menschen wurden entmündigt und sterilisiert.
Ausgehend von einer Motion von Gemeinderätin Christine Seidler (SP), welche die «Historische Aufarbeitung der Rolle der Fürsorgebehörden und weiteren Protagonisten» fordert, hat das Sozialdepartement ein Projekt zur Aufarbeitung der Rolle der Stadtzürcher Fürsorgebehörden in der Zeit zwischen den 1930er-Jahren und 1981 gestartet. Eine entsprechende Vorstudie ist derzeit in Erarbeitung.
Die Zeit drängt
Dem Stadtrat sei es zudem wichtig, das Unrecht, das den Opfern angetan wurde, anzuerkennen und die Betroffenen zu unterstützen. Darum sollen auch Massnahmen zum Gedenken an die Opfer erarbeitet sowie die gesetzliche Grundlage für die Ausrichtung eines kommunalen Solidaritätsbeitrags geschaffen werden.
Die historische Aufarbeitung wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Viele der Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 hätten aber heute bereits ein beachtliches Alter erreicht. Damit ihnen der geplante kommunale Solidaritätsbeitrag noch zu Lebzeiten zugutekommen kann, beantragt der Stadtrat dem Gemeinderat die gesetzliche Grundlage bereits vor Abschluss der Forschungsarbeiten zu erlassen.
Mit 320 Gesuchen gerechnet
Allen Opfern soll auf Gesuch hin ein Solidaritätsbeitrag in der Höhe von 25 000 Franken zugesprochen werden. Der Anspruch besteht auch für Personen, die nicht mehr in der Stadt Zürich wohnen. Um den Anspruch begründen zu können, muss eine durch das Bundesamt für Justiz abgeklärte Opfereigenschaft nachgewiesen werden. Zudem muss durch entsprechende Dokumente glaubhaft gemacht werden, dass die Massnahme vor 1981 von Behörden der Stadt Zürich veranlasst und von diesen oder in deren Auftrag vollzogen wurde.
Die Anzahl der Berechtigten könne nur schwer eingeschätzt werden, schreibt der Stadtrat. Die Stadt Zürich geht nach heutigem Kenntnisstand von schätzungsweise 320 Gesuchen und Kosten von rund 8 Millionen Franken für die Jahre 2023 und 2024 aus.
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