Kindesschutz Zürcher Gemeinden müssen länger auf Jugendheimgesetz warten

SDA

2.11.2017 - 12:53

Die Umsetzung des neuen Kinder- und Jugendheimgesetzes (KJG) im Kanton Zürich dürfte länger dauern, als der Regierungsrat sich dies erhofft hatte. Äusserst knapp beschloss der Kantonsrat, dass er auch die Verordnung zum Gesetz genehmigen darf. Bildungsdirektorin Silvia Steiner (CVP) warnte vor einer Verzögerung von bis zu zwei Jahren.

Das neue Gesetz regelt die Planung und Finanzierung der Versorgung des Kantons mit einem bedarfsgerechten Angebot an ergänzender Hilfe zur Erziehung. Dabei geht es etwa um die Aufteilung der Heimkosten zwischen Kanton und Gemeinden oder um die Bewilligungspflicht und den Betreuungsschlüssel von familienergänzenden Angeboten.

Für die erste Lesung dieser Vorlage benötigte der Kantonsrat drei Sitzungen - und die Diskussionen dürften noch lange nicht zu Ende sein. Mit 88 zu 87 Stimmen sprach der Rat sich nämlich am Montag für einen Minderheitsantrag von FDP, SVP und EDU aus, der verlangt, dass das Parlament auch die Verordnung zum Gesetz genehmigen soll.

Umstrittene Genehmigungspflicht

"Dieses Gesetz ist hochkomplex", sagte Sabine Wettstein (FDP, Uster). Die Umsetzung werde aber massgeblich von den Bestimmungen in der Verordnung geregelt. Nur mit einer Genehmigung durch den Kantonsrat könne eine möglichst breit abgestützte und transparente Vorlage geschaffen werden.

Die SVP, der die Vorlage in der vorliegenden Form ohnehin gegen den Strich läuft, betonte ebenfalls die Wichtigkeit dieser Genehmigung durch den Kantonsrat - kündigte aber bereits an, das Gesetz in der Schlussabstimmung in vier Wochen abzulehnen.

"Die Genehmigungspflicht von Verordnungen sei ein Unding und überdies verfassungswidrig", betonte dagegen Ruedi Lais (SP, Wallisellen). Als "teuer und unnötig" bezeichnete seine Ratskollegin Monika Wicki (Zürich) die Forderung. Die wichtigsten Eckpunkte würden in diesem Gesetz klar geregelt.

Konkret nannte GLP-Sprecher Christoph Ziegler (Elgg) etwa die Bewilligungspflicht, den Betreuungsschlüssel oder auch die vorgeschriebene Berufserfahrung für Betreuungspersonen, welche neu im Gesetz verankert werden. "Ich frage mich, was die FDP in der Verordnung noch bestimmen will."

Heikle Punkte werden im Gesetz geregelt

Bildungsdirektorin Silvia Steiner rief den Rat auf, den Antrag "dringend" abzulehnen. "Wir haben intensiv diskutiert, welche Bereiche der Verordnung von besonderer Bedeutung sind." Es mache keinen Sinn, die wichtigsten Punkte im Gesetz zu regeln und dann die Verordnung vom Kantonsrat genehmigen zu lassen.

Steiner sprach von bis zu zwei Jahren, um welche dieser Antrag die Einführung des Gesetzes verzögern wird. "Die Verordnung muss noch einmal in die Kommission, Anhörungen müssen durchgeführt werden." Und am Ende seien es die Gemeinden, die davon am meisten betroffen seien. "Sie können weiterhin auf Entlastung warten."

Der Rat entschied am Montag dann auch, den Betreuungsschlüssel neu gesetzlich und nicht mehr nur auf Verordnungsstufe zu regeln. Zudem lockerte er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Kinderhorten und Tagesstätten leicht. So dürften Tagesfamilien künftig ein Kind mehr - also sechs statt nur fünf - betreuen.

Im Gesetz festgeschrieben wird neu auch, dass die Kinder in Kindertagesstätten in der Regel in Gruppen mit höchstens zwölf Plätzen betreut werden. In jeder Gruppe muss eine ausgebildete Betreuungsperson anwesend sein. Sind mehr als sechs Plätze belegt, muss eine zweite Betreuungsperson anwesend sein.

Verteilung der Heimkosten geregelt

Bereits in der letzten Sitzung hatte sich das Parlament für ein Gesamtkostenmodell ausgesprochen, bei dem der Kanton künftig 40 Prozent der Heimkosten übernimmt und sich die Gemeinden solidarisch die restlichen 60 Prozent teilen - und zwar anteilsmässig im Verhältnis zur Einwohnerzahl, und nicht mehr fallweise.

Der Gesetzesentwurf soll die Ende September vom Stimmvolk gutgeheissenen Anpassungen im Jugendheimgesetz ablösen. Diese Zwischenlösung war nötig, weil das Bundesgericht die jahrelange Praxis der gemeinsamen Finanzierung von Kanton und Gemeinden kritisiert hatte.

Es stellte fest, dass nach dem geltenden Gesetz die Kosten eigentlich vom Kanton getragen werden müssten - für eine Beteiligung der Gemeinden fehle die Gesetzesgrundlage. Regierung und Kantonsrat wollten die langjährige Regelung aber beibehalten. Dagegen hatten 67 Gemeinden das Referendum ergriffen.

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