Der Zürcher Stadtrat nimmt beim Bettenhaus Triemli eine Abschreibung von gut 175 Millionen Franken vor. Diese Wertberichtigung sei ein wichtiger Schritt hin zu mehr Wirtschaftlichkeit und von hoher Wichtigkeit für die Vergabe der kantonalen Leistungsaufträge, teilte er am Mittwoch mit.
Die Finanzsituation beim Zürcher Triemlispital ist seit Jahren in Schieflage. Nun hat eine Neubewertung der Immobilien des Triemli eine erhebliche Differenz zwischen dem bilanzierten Wert und dem tatsächlichen Wert des Bettenhauses inklusive Energie- und Medienzentrale ergeben.
Der Stadtrat hat deshalb entschieden, eine Wertberichtigung von 175,7 Millionen Franken vorzunehmen, wie er mitteilte. Die Wertberichtigung wird als ausserplanmässige Abschreibung per 1. Januar 2019 vorgenommen. Sie stellt keinen Mehraufwand und somit keine liquiditätswirksame Ausgabe dar. Als Folge verschlechtert sich das Ergebnis des Triemli-Spitals für das Jahr 2019 einmalig.
In den Folgejahren führt die Wertberichtigung gemäss Mitteilung hingegen zu einer Entlastung des Ergebnisses. Die jährlichen Abschreibungen auf das Bettenhaus sinken um etwa 7,6 Millionen Franken.
Wichtig für Leistungsaufträge
«Die Wertberichtigung ist ein weiterer zentraler Schritt, um die Wirtschaftlichkeit und Positionierung des Stadtspitals Waid und Triemli zu stärken», wird Stadtrat Andreas Hauri (GLP), Vorsteher des Gesundheitsdepartementes, in der Mitteilung zitiert.
Dies sei im Hinblick auf die Vergabe der kantonalen Leistungsaufträge per 2023 «von hoher Wichtigkeit». Die Wertberichtigung wirkt sich gemäss Mitteilung einmalig auf das Eigenkapital der Stadt Zürich aus.
Dieses beträgt zurzeit rund 1,5 Milliarden Franken. Der Abschreiber wird in der Rechnung 2019 verbucht. Das Ergebnis der Rechnung 2019 wird der Stadtrat am 7. April kommunizieren.
«Unter heutigen Umständen nie gebaut»
Mit den Abschreibungen nehme der Stadtrat einen notwendigen Schritt vor, teilten die Grünen mit. Dieser Ansicht sind auch SP und GLP. Mit der einmaligen Abschreibung korrigiere der Stadtrat den Fehlanreiz im DRG-System, der es Trägerschaften verbietet zusätzliche Mittel in Spitalimmobilien zu investieren, um höhere Anforderungen an Qualität und Nachhaltigkeit zu erfüllen, schreibt die SP.
Gemäss den Grünen hat sich, seit das Bettenhaus geplant und gebaut wurde, im Gesundheitssystem vieles verändert. Diesen Umständen werde mit den Abschreibungen Rechnung getragen. «Unter heutigen Umständen wäre das Bettenhaus wohl nicht in dieser Grösse gebaut worden».
Die gewollte Verlagerung von «stationär» zu «ambulant» war zu Zeiten des Baus des Bettenhauses noch kein Thema. Unterdessen sei klar, dass wegen dieser Verlagerungen nur ein Teil des Bettenhauses belegt wird und daher die Erträge geringer sind ist als geplant.
Die Abschreibungen seien daher angesichts der unzähligen Vorgaben im Gesundheitssystem, die starken Wert auf die Wirtschaftlichkeit legen, notwendig.
Nach Ansicht der AL trägt der Beschluss des Stadtrates «zur langfristigen Stabilisierung des Stadtspitals» bei. Die Befreiung von einer strukturellen Belastung biete nun beste Chancen, um in Zukunft auf die kantonale Spitalliste aufgenommen zu werden.
«Eine eigentliche Notmassnahme»
Für die SVP ist die Wertberichtigung «eine eigentliche Notmassnahme». Die Wirtschaftlichkeit des neuen Bettenhauses sei in keiner Art und Weise gegeben. Einmal mehr habe der Stadtrat bei einem Bauprojekt zu hoch gepokert.
Die SVP verlangt vom Stadtrat, «den wirklichen Bedarf und die Wirtschaftlichkeit von Gross-Investitionen genau abzuklären». Der Wille, für Zürich einfach Leuchtturmprojekte zu realisieren, sei geradezu fahrlässig und habe für die Steuerzahlenden der Stadt verheerende Auswirkungen.
Für die FDP ist das stadträtliche Vorgehen zur Wertberichtigung «inakzeptabel». Es zeige deutlich, dass der Stadtrat mit der Führung der Spitäler überfordert und der politische Prozess den strategischen Anforderungen an die Führung der Spitäler schlicht nicht gerecht werde.
Die Führung der Stadtspitäler als Dienstabteilung stelle ein grosses Risiko für die Stadt dar. Der politische Prozess mit dem Einbezug von Stadtrat, Gemeinderat und allenfalls Volksentscheid sei nicht geeignet, um in diesem volatilen Umfeld bestehen zu können.
«Modernstes Bettenhaus»
Das Triemli-Bettenhaus wurde nach über zehnjähriger Planungs- und Bauzeit als «modernstes Bettenhaus der Schweiz» am 1. April 2016 in Betrieb genommen. Das Gebäude umfasst 1885 Räume, in denen über 1000 Kilometer Kabel verlegt und fast 400'000 Kilogramm Lehmputz verarbeitet wurden. Es kostete 290 Millionen Franken.
Das Gebäude bietet Platz für rund 550 Betten und setzt Massstäbe in Sachen Nachhaltigkeit. Das Bettenhaus gilt als Pionierprojekt für die 2000-Watt-Gesellschaft. Es ist der erste Spitalbau in der Schweiz, der mit Minergie-P-Eco das strengste Label für energieeffiziente Bauten erfüllt.
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