Aufatmen am Zürcher Triemli-Spital: Zwar hat die Finanzkontrolle bei der Buchung, der Berechnung und dem Verwendungszweck der Arzthonorare Mängel aufgedeckt. Aber es gibt keine Belege, dass das Stadtspital oder die Stadt geschädigt wurden. Im Gegenteil: Ärzte zahlten Weiterbildungen, welche eigentlich das Spital finanzieren müsste.
Genau genommen sei das Geld vor allem falsch verbucht worden, sagte Andreas Hauri (GLP), Vorsteher des Stadtzürcher Gesundheits- und Umweltdepartementes (GUD) am Donnerstag vor den Medien. Ermöglicht worden sei dies durch Interpretationsspielräume in den über 20-jährigen Rechtsgrundlagen. Diese müssen nun kurzfristig angepasst und langfristig durch moderne Abrechnungssysteme ersetzt werden.
Die unkonventionelle Verbuchungspraxis war im Februar publik geworden, und hatte dazu geführt, dass die arg kritisierte GUD-Vorsteherin Claudia Nielsen (SP) bei den Erneuerungswahlen im März nicht mehr antrat. Ihre Gegner witterten krasse Missstände.
Im Februar stand der definitive Bericht der Finanzkontrolle noch aus. Aber Nielsen sagte schon damals, sie gehe davon aus, dass kein böser Wille zu beklagen sei, sondern Pflicht- und Reglementsverletzungen im finanziellen Bereich. Dies bestätigte nun ihr Nachfolger Hauri.
Die Zürcher Finanzkontrolle hat für das Jahr 2015 die Prozesse des Stadtspitals Triemli zur Verbuchung der Honorare für die stationäre Behandlung von privat und halbprivat versicherten Patientinnen und Patienten geprüft. Dabei hat sie Abweichungen von den geltenden Regelungen beanstandet, insbesondere die Berechnung des "Spitalabzugs", die Verwendung der "Führungsreserve" sowie diverse buchhalterische Fehler.
"Führungsreserven" unrechtmässig verwendet
Ärztinnen und Ärzte des Triemli erwirtschaften mit der stationären Behandlung von privat und halbprivat versicherten Patientinnen und Patienten Honorare. Der Betrag liegt zwischen 14 bis 16 Millionen Franken pro Jahr, wie es an der Medienkonferenz hiess.
Mindestens 50 Prozent der Honorareinnahmen sollen in die Betriebsrechnung des Triemli (Spitalabzug) einfliessen, der andere Teil steht den über 220 honorarberechtigten Ärztinnen und Ärzten zu und hat Lohncharakter.
2015 betrug dieser Anteil 15,7 Millionen Franken. Der Betrag fliesst in die Honorarpools der Kliniken und Institute, wo er nach unterschiedlichen Schlüsseln (Poolreglemente) verteilt wird. Bis zu 10 Prozent des Pools können als "Führungsreserve" verwendet werden, um besondere Leistungen zu honorieren. 2015 waren dies 800'000 Franken.
Die Verwendungszwecke der "Führungsreserve" sind ebenfalls in den Poolreglementen definiert. Die Finanzkontrolle bemängelt "die nicht zweckkonforme Verwendung" der "Führungsreserve". So wurden nebst Auszahlungen für besondere Leistungen auch Zahlungen ohne eindeutige Rechtsgrundlage, wie zum Beispiel für nicht-ärztliche Mitarbeitende, Teamevents, Marketingmassnahmen und Sachleistungen getätigt.
Mit der Mehrheit der Ausgaben aus der "Führungsreserve" wurden Teamleistungen honoriert. Sie drückten gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der gut 25 Kliniken und Institute Wertschätzung aus. Beispielsweise wurden Weiterbildungen von Assistenzärzten bezahlt, Apéros, Beiträge an Sommerfeste oder Ausflüge. Insbesondere Weiterbildungen müsste jedoch eindeutig das Spital bezahlen.
Jede Klinik führt auch ein "Kässeli" mit dem sie beispielsweise externe Referenten bezahlte. Für alle Zahlungen gibt es Belege. Nicht diese Kassen seien das Problem, sondern die Verbuchungspraxis, sagte Hauri. Dennoch hält Hauri solche Kassen für ein "veraltetes System", alles müsse für die Buchhaltung nachvollziehbar sein.
Einzelne Zahlungen mit "persönlichem Verwendungszweck"
Einzeln kam es zu Zahlungen mit persönlichem Verwendungszweck. Dies seien "absolute Einzelfälle", hiess es vor den Medien. Darunter fallen etwa Zimmerupgrades an Kongressen oder Blumensträusse für Angehörige. Man rechnet mit weniger als 20 Fällen in den letzten zwei Jahren mit Beträgen unter 1000 Franken pro Fall. Diese Beträge werden "konsequent zurückgefordert".
Bereits Nielsen hatte noch erste Sofortmassnahmen getroffen. So wurden Auszahlungen aus der "Führungsreserve", die nicht mit geltenden städtischen Regelungen übereinstimmen, gestoppt und buchhalterische Fehler behoben. Diese Massnahmen werden laut Hauri fortgeführt.
Unklare und veraltete Rechtsgrundlagen
Um volle Transparenz zu schaffen, wurden zudem eine juristische und eine buchhalterische Abklärung in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse der Finanzkontrolle und der zusätzlich eingeholten Expertisen verdeutlichen, dass die wesentlichen Rechtsgrundlagen aus dem Jahr 1997 "unklar, veraltet und hochkomplex" sind, wie Spitaldirektor André Zemp sagte. Zemp ist sei Herbst 2017 im Amt.
Langfristig braucht es deshalb laut Zemp "eine grundlegende Überarbeitung und ein neues Konzept" für die Honorarregelung beziehungsweise für die Gesamtentschädigung der Ärztinnen und Ärzte. Auch die Spitallandschaft habe sich in den letzten 20 Jahren grundlegend verändert, sagte Zemp.
Kurzfristig müssen Übergangsregelungen geschaffen werden, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden und gleichzeitig eine betrieblich praktikable und kontrollierbare Anwendung für das Triemli zu ermöglichen. Insgesamt sei man auf "einem guten Weg", sagte Stadtrat Hauri.
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