Ein Jahr nach Entlassung Nagelsmann tritt gegen Bayern nach: «Hat mit der Realität wenig zu tun»

DPA/SB10

23.2.2024 - 15:04

In einem Spiegel-Interview äussert sich Nagelsmann zum Aus beim FC Bayern.
In einem Spiegel-Interview äussert sich Nagelsmann zum Aus beim FC Bayern.
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Julian Nagelsmann äussert sich in einem Interview zu seinem Ende beim FC Bayern. Er hätte sich mehr Durchhaltevermögen des Vereins gewünscht – und verweist dabei auf Klopp und Guardiola.

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Julian Nagelsmann kritisiert den Umgang der Bosse des FC Bayern München mit ihren Trainern. Der heutige Bundestrainer hätte sich beim deutschen Rekordmeister mehr Entwicklungszeit gewünscht.

«Ich wurde bei Bayern verpflichtet mit der Massgabe, Dinge zu verändern. Es gibt Clubs, die geben einem die Zeit. Jürgen Klopp war fünf Jahre beim FC Liverpool, bis er dort erstmals Meister wurde. Pep Guardiola holte erst nach sieben Jahren den Champions-League-Titel mit Manchester City. Die Trainer bei Bayern München bekommen nicht so viel Zeit, um etwas zu entwickeln», sagte der 36-Jährige in einem Interview mit dem «Spiegel» (zahlungspflichtig).

«Im Geschäft fehlt es an Offenheit»

Nagelsmann war von den Bayern im Sommer 2021 für eine hohe Millionen-Ablöse von RB Leipzig als Langzeitprojekt verpflichtet worden und wurde als Vertrauensbeweis mit einem Fünfjahresvertrag ausgestattet. Er musste aber schon während der zweiten Saison wieder gehen. Sein Nachfolger Thomas Tuchel wird den FC Bayern ebenfalls spätestens zum Ende der Saison bereits wieder vorzeitig verlassen. Sein Vertrag lief eigentlich bis 2025.

Nagelsmann beklagte in diesem Zusammenhang die Umgangsformen im Profifussball. In dem Geschäft fehle es an Offenheit. «Das, was nach einer Trennung nach aussen kommuniziert wird, hat mit der Realität wenig zu tun. Aber so wurde es im Fussball immer gemacht, und es wird auch in den nächsten 30 Jahren so sein», sagte Nagelsmann, der beim DFB einen Vertrag bis nach der Heim-EM in diesem Sommer hat. Die Zukunft danach ist offen.

«Der Kurzurlaub war genehmigt»

Die Erfahrungen in München hätten ihn «vorsichtiger, sensibler» gemacht. «Im Fussball geht es nicht immer supernett zu. Da hilft es auch nichts, wenn man ein gutes Verhältnis zu den Entscheidungsträgern hat. Und das hatte ich zu Oliver Kahn und zu Hasan Salihamidzic. Wir haben besprochen, wie wir gemeinsam damit umgehen wollen, wenn ein Worst-Case-Szenario eintritt. Aber dann war doch alles anders», erinnerte er an die Zusammenarbeit mit Vorstandchef Kahn und Sportvorstand Salihamidzic sowie den Ablauf der Trennung nach einer 1:2-Pleite in Leverkusen im März 2023. «Wenn nach einer Niederlage nicht mehr geredet wird, weiss man, dass etwas im Argen liegt», erläutert Nagelsmann die Situation, in der der Rückhalt bröckelt. 

Ein Bild aus besseren Zeiten: Hasan „Brazzo“ Salihamidžić, Julian Nagelsmann und Oliver Kahn.
Ein Bild aus besseren Zeiten: Hasan „Brazzo“ Salihamidžić, Julian Nagelsmann und Oliver Kahn.
Imago

Ihm sei damals vorgeworfen worden, nach der Niederlage nicht erreichbar gewesen zu sein. Hinzu kam, dass er während der auf die Partie folgenden Länderspielpause mit seiner Lebensgefährtin in den Ski-Urlaub fuhr. «Das stimmte einfach nicht. Ich war von Montag bis Mittwoch ganz normal im Büro am Trainingsgelände an der Säbener Strasse. Als Einziger übrigens, sonst war keiner der Verantwortlichen da. Ich bin dann Mittwochmittag bis Freitagmorgen in den Kurzurlaub gefahren. Das war auch so genehmigt.»

Was ihn die Zeit in München gelehrt hat? «Man darf als Trainer nicht zu sehr auffallen.» Andererseits wolle er sich nicht komplett für einen Job verstellen. «Ich habe nun mal andere Charakterzüge als zum Beispiel Jupp Heynckes …»

Er mache manche Dinge eben anders, nur schon wegen seines Alters, so der 36-Jährige. «Ich stehe bei Spielen des FC Bayern nicht im beigen Trenchcoat an der Linie, nur weil das einige meiner Vorgänger gemacht haben. Die Verantwortlichen in München wussten vorher, dass ich auch mal eine rote Jacke anhaben würde. Und es hat sie nicht gestört. Aber im Misserfolg werden solche Nebensächlichkeiten einem gern aufs Brot geschmiert.»