Es ist nicht lange her, da wurde der Deutsche Fussball von vielen «Experten» für tot erklärt. Erfolge auf der grossen Bühne? Unmöglich, denn es fehlte anscheinend an allen Ecken und Enden. Anderthalb Jahre später werden die Kritiker eines Besseren belehrt.
8:2 gewinnt Bayern München im Viertelfinal der Champions League gegen Barcelona – eine Machtdemonstration der Extraklasse. Tags zuvor macht RB Leipzig den Halbfinal-Einzug perfekt, dank eines 2:1-Siegs über Atlético Madrid. Drei der vier Halbfinalisten haben einen Deutschen Trainer. Was machen die Deutschen besser als der Rest der Welt? Die verblüffende Antwort: Nichts Grundlegendes.
Im März 2019 rechnete das Boulevardblatt «Bild» mit dem deutschen Fussball gnadenlos ab: «Keine Top-Spieler, keine Talente, falsche Taktik, keine Titelgier beim DFB, strukturelle Probleme.» Viele Experten bliesen ins gleiche Horn, denn soeben verabschiedeten sich im Achtelfinal mit Dortmund, Schalke und den Bayern drei Teams aus der Champions League. Hoffenheim scheiterte bereits in der Gruppenphase.
Nun, ein Fussball-Jahr später spielen mit Bayern München und RB Leipzig zwei Teams ganz gross auf. Keine Top-Spieler? Lewandwoski, dem der Ruf anhaftete, in wichtigen Spielen nicht zu treffen, wird als Weltfussballer gehandelt (sollte denn eine Wahl stattfinden). Müller, Kimmich, Neuer? Auch sie trugen alle schon damals das Bayern-Shirt. Keine Talente? Der 19-jährige Kanadier Alphonso Davies ist eines der grössten Talente überhaupt im Fussball-Zirkus und es gibt noch viele, viele mehr im Deutschen Fussball.
Taktik-Schwächen, tatsächlich? Von den vier Halbfinalisten haben nur drei einen Deutschen Trainer. Sie verstehen die Ironie. Die Chancen, dass Hansi Flick mit Bayern München, Julian Nagelsmann mit RB Leipzig oder Thomas Tuchel mit PSG den Titel gewinnt, stehen nun wirklich nicht schlecht.