Krise bei Meister Servette «Als ob wir nicht mehr wissen, wie man Hockey spielt»

bi, sda

28.9.2023 - 05:00

Die vielen hohen Genfer Auswärtsniederlage bereiten Meistertrainer Jan Cadieux Sorgen
Die vielen hohen Genfer Auswärtsniederlage bereiten Meistertrainer Jan Cadieux Sorgen
Keystone

1:6 in Lausanne, 1:7 in Freiburg, 2:7 in Davos – Meister Genf-Servette torkelt auswärts von einer Demütigung zur nächsten. Verunsicherung, Skepsis und Bedenken nisten sich in der Genfer Garderobe ein.

Keystone-SDA, bi, sda

In Davos begann Servette noch ganz gut. Die Genfer machten aus einem 0:1 ein 2:1 und schienen die Partie im Griff zu haben. Dann warf ein Gegentor, ein unglückliches Eigentor von Josh Jooris zum 2:2, alles über den Haufen. «Es ist nicht einfach zu verstehen, was danach passiert ist», sagt Verteidiger Simon Le Coultre. «Es ist, als ob wir nicht mehr wissen, wie man Hockey spielt.»

Der stolze Genève-Servette Hockey Club hat in dieser Saison auch schon gegen die SCL Tigers verloren. Ansonsten schlug Langnau noch niemanden. Dem Meister gelangen in den ersten sechs Meisterschaftsspielen bloss zehn Goals und nur einmal – beim 3:1 gegen Ajoie – mehr als zwei.

Während der Vorbereitung spuckten die Servettiens grosse Töne. Meister-Blues? Sicher nicht bei uns – wir wollen mehr! Nach zwei Meisterschaftswochen deutet indessen viel auf den Meister-Blues hin. «Gewisse Sachen zu sagen ist einfach», sagt Trainer Jan Cadieux im Interview mit Keystone-SDA, «aber dann muss man es auch umsetzen. Wir müssen uns an die Fakten und an die Resultate halten, denn am Ende Saison zählen nur die. Im Moment sind die Ergebnisse nicht da.»

«Sind mental nicht bereit»

Die Gründe dafür liegen auf der Hand – und sind in den Statistiken für jedermann ersichtlich: Servette schiesst in der National League die wenigsten Tore, kassiert am zweitmeisten Gegentreffer, trifft im Powerplay viel zu selten (12.) und kommt bei gleicher Anzahl Spieler auf dem Eis ebenfalls nur auf Platz 13. Playoff-würdig ist Genf einzig bei den Bullys (6.) und in Unterzahl (8.). «Wir haben in den letzten Tagen viel über unseren Saisonstart gesprochen», so Trainer Cadieux. «Im Kopf sind wir noch nicht bereit. Es ist, als hätten wir mental die Saison noch nicht begonnen. Wir machen zu viele Fehler und bezahlen diese teuer.»

Am meisten wurmt Cadieux, dass sein GSHC auch bei der Anzahl Torschüssen den letzten Platz belegt. In dieser Rubrik stellte Servette in der Meistersaison das mit Abstand beste Team der National League. Cadieux muss sich fragen, ob das noch die gleichen Spieler sind, die im Frühling Meister geworden sind. «Haben wir im siebten Playoff-Final alles auf dem Eis gelassen?», fragte er sich am letzten Wochenende nach dem 1:7 in Freiburg. Nach zwei Wochen und schon vier Niederlagen wird der Trainer ungeduldig. 20 Gegentore in drei Auswärtsspielen setzen der Psyche zu. In der letzten Saison kassierte Servette die dritte Niederlage in 60 Minuten erst im Dezember. Cadieux: «Zu denken, wir hätten noch Zeit, wäre die schlechteste Einstellung. Das wäre sogar Arroganz.»

Hoffen auf Lennström

Trotz der 2:7-Packung: In Davos gab es Anzeichen, wonach Servette noch auf den richtigen Weg finden könnte. Die Genfer kamen im Bündnerland zu 35 Torschüssen. Teemu Hartikainen, letzte Saison der beste Torschütze der Liga, erzielte sein erstes Saisontor. Die Ausländer, letzte Saison unglaublich dominant, drängten sich mehr als in den ersten fünf Partien in den Vordergrund. Dass der Abgang von Verteidigungsminister Henrik Tömmernes eine Lücke aufreissen wird, war vor der Saison ohnehin klar. Immerhin sollte Theodor Lennström, der verpflichtete Ersatz für Tömmernes, nach Verletzungspause demnächst wieder mitspielen können. Aber: «Wir müssen jetzt uns selber aus dem Schlamassel befreien», sagt Routinier Arnaud Jacquemet, «niemand wird uns einfach so die Hand reichen.»

Die nächsten Gelegenheiten zu Erfolgserlebnissen bieten sich Servette daheim gegen die Rapperswil-Jona Lakers (Freitag), in Zug (Samstag) und im Heimspiel gegen Kloten (nächsten Dienstag).