Langer Bart, viele Tattoos. Eliot Antonietti entspricht optisch dem Klischee des knallharten Eishockey-Profis. Doch der Eindruck täuscht. Die harte Schale hat einen weichen Kern. Der 28-Jährige erlebte Mobbing, fiel in eine Depression und spricht nun darüber.
Heute beginnt für den EHC Olten die neue Saison. Neu beim ambitionierten Swiss-League-Klub ist auch der langjährige National-League-Spieler Eliot Antonietti. Voller Tatendrang freut sich der Verteidiger auf den Start. Selbstverständlich ist das nicht. Denn der 28-Jährige hat dunkle Zeiten erlebt.
«Es war die Hölle», sagt Antonietti der «Aargauer Zeitung» und spricht dabei offen von Mobbing. Es begann ausgerechnet, als sich der Romand als 22-Jähriger bei Servette etabliert hatte. Es war nach guten ersten Jahren in der National League der Bruch mit dem damaligen Trainer Chris McSorley. Heute sagt Antonietti rückblickend: «Ich war in Genf eigentlich gar nie so richtig glücklich.»
«Entweder du rasierst dir sofort den Bart oder du spielst keine Sekunde mehr.»
Auf die Details der Qualen, die er bei McSorley aushalten musste, möchte er gegenüber der Zeitung nicht eingehen. Er sagt lediglich: «Ich verdanke Chris McSorley sehr viel. Er hat mir die Chance gegeben, meine Karriere als Eishockey-Profi zu lancieren. Aber Chris war eben auch sehr hart.»
Mit McSorleys Rückzug von der Trainerbank 2017 war der Albtraum für Antonietti jedoch noch nicht vorbei, sondern begann erst richtig. Auch unter dessen Nachfolger Craig Woodcroft musste der Mann mit dem imposantesten Bart im Schweizer Eishockey unten durch. So meldete sich etwa plötzlich sein Agent bei ihm und sagte: «Der Klub hat sich bei mir gemeldet. Du hast die Wahl. Entweder du rasierst dir sofort deinen Bart ab. Oder du spielst keine Sekunde mehr für Servette.»
Antonietti war irritiert, aber tat, was man ihm befahl. Seine Lage verbesserte sich aber dadurch nicht. Schliesslich konnte er im Herbst 2019 erwirken, dass er zu den Lakers ausgeliehen wurde, doch dort zog er sich eine Hirnerschütterung zu, wurde nach Genf zurückgeschickt und erlebte einen neuerlichen Tiefpunkt.
«Ich fiel in ein tiefes Loch, hatte mit Depressionen zu kämpfen.»
«Ich durfte nicht mehr in die Garderobe, musste mich an einem anderen Ort umziehen. Ich durfte nicht mehr mit der Mannschaft trainieren. Da waren immer nur ich und die Pucks auf dem Eis, keine Coaches, nichts. Den Kraftraum durfte ich auch nicht benutzen», führt Antonietti gegenüber der «Aargauer Zeitung» aus. «Ich fiel in ein tiefes Loch, hatte mit Depressionen zu kämpfen. Ich glaube, dass die Saison wegen Corona abgebrochen wurde, hat mir das Leben gerettet.»
Durch seine Partnerin und einen Mentalcoach fand Antonietti schliesslich wieder in dieses zurück. Ein wesentlicher Punkt war dabei, dass er im vergangenen Sommer Genf endgültig verliess, bei Lugano anheuerte, dort in der National League und bei den Ticino Rockets in der Swiss League spielte. Doch als dann offiziell wurde, dass McSorley in Lugano das Traineramt übernehmen würde, erlebte der Waadtländer ein Déjà-vu. Ihm war klar, dass er sich wieder nach einem neuen Arbeitgeber umsehen muss.
Gefunden hat er diesen schliesslich in Olten. «Ich habe gespürt, dass mich Sportchef Marc Grieder wirklich wollte. Diese Wertschätzung tat gut», sagt Antonietti. Jetzt will er sich daran machen, dieses entgegengebrachte Vertrauen zurückzuzahlen. Das erste Mal heute Abend im ersten Spiel gegen die EVZ Academy.