Mit 47 Punkten in 50 Qualifikationsspielen glückt Grégory Hofmann seine erste Saison beim EV Zug nach Wunsch. Im Interview mit «Bluewin» erklärt er, wieso er den Traum von der NHL noch nicht begraben hat.
Grégory Hofmann, zuerst: Wie geht es Ihnen?
Mir geht es gut danke. Es ist eine schwierige Zeit für alle, aber zum Glück geht es meiner Familie und mir gut, also kann ich mich nicht beschweren.
Wie haben Sie das seltsame Saisonende mit den abgesagten Playoffs erlebt?
Es war sicherlich schwierig. Wir bereiten uns lange darauf vor, angefangen beim Sommertraining bis hin zur regulären Saison mit dem Ziel, den Titel zu gewinnen. Fallen die Playoffs weg, wird die ganze geleistete Arbeit ruiniert. Darüber hinaus haben wir auch heute noch keine Gewissheit, wann wir wieder anfangen können.
In dieser Krisenzeit denke ich aber, dass es richtig ist, den Sport und die Unterhaltung im Allgemeinen – und der Sport ist Teil dieser Kategorie – beiseite zu legen, um sich auf wichtigere Aspekte, wie die Gesundheit, zu konzentrieren. Sobald diese Situation gelöst ist, hoffen wir, dass wir wie bisher wieder mit dem Spielen beginnen können. Und ich hoffe, dass das Schweizer Eishockey etwas aus dieser Krise lernen und noch besser werden kann als zuvor.
Was machen Sie jetzt? Wie trainieren Sie?
Jetzt bin ich im Militär in Magglingen. Ich trainiere zweimal am Tag mit mehreren anderen Hockeyspielern. Ich nutze diese Gelegenheit, um mich vorzubereiten und meine Militärtage zu leisten.
Auch Nico Hischier ist in Magglingen, Sie sind also in guter Gesellschaft ...
Ja, das stimmt. Nico ist auch hier. Wir trainieren alle zusammen, es ist eine schöne Sache. Es ist gut, unter den Spielern zu sein, wir können uns gegenseitig helfen. Natürlich gibt es wegen des Coronavirus auch hier Richtlinien und Regeln, die beachtet werden müssen. Aber wir haben vor einer Woche angefangen und alles ist bisher gut gelaufen.
Es ist schön, mit Leuten wie Nico Hischier trainieren zu können. Es ist beeindruckend zu sehen, was er in den letzten Jahren geleistet hat, insbesondere in Anbetracht seines jungen Alters (Nico Hischier ist 21 Jahre alt und spielt bereits seine dritte Saison in der NHL, Anm. d. Red.). Er ist auch menschlich top.
Nach Ihrem Wechsel sagten Sie, dass Sie sich für den EVZ entschieden hätten, weil Sie vom Projekt positiv beeindruckt waren. Welches Fazit können Sie nach der ersten Saison in der Zentralschweiz ziehen?
Ich bin auf ein konkurrenzfähiges Team gestossen. Auf eine Umgebung, in der wir alle zusammenarbeiten, um Titel zu gewinnen. Ich fand mich sofort sehr gut zurecht. Die Infrastruktur, dazu gehören die Bossard Arena oder das neue OYM-Zentrum (ein sehr modernes Trainingszentrum, dessen Aufbau 100 Millionen Franken kostete, Anm. d. Red.), das gerade eröffnet wurde, sind Teil zahlreicher entscheidender Faktoren, die uns als Spieler und Mannschaft die Möglichkeit geben, uns zu verbessern und zu wachsen.
Gibt es einen bestimmten Spieler unter Ihren «neuen» Teamkollegen, der Sie beeindruckt?
Ja, Jan Kovar. Er ist nicht nur ein sehr starker Ausländer, sondern auch eine wichtige Persönlichkeit in der Garderobe. Wir haben die ganze Saison in einer Linie zusammen gespielt und auch neben dem Eis eine Beziehung aufgebaut. Mit ihm zu spielen ist wirklich ein Vergnügen. Dank meinen Erfahrungen mit der Nationalmannschaft kannte ich viele andere Spieler bereits. Generell muss ich sagen, dass mich das gesamte Umfeld hier in Zug positiv überrascht hat.
Sprechen Sie auch ein bisschen Italienisch in der Garderobe? Vielleicht mit Dario Simion oder Leonardo Genoni ...
Ja, mit beiden spreche ich Italienisch. Mit Leonardo unterhalte ich mich oft in Italienisch, denn auch wenn er schon gut spricht, will er sich immer verbessern. Mit Dario habe ich im Trikot des HC Davos den Titel gewonnen (2015) und wir haben bereits bei den Junioren in Ambri zusammen gespielt. Man könnte also sagen, dass es hier in Zug auch ein bisschen Tessin gibt (lächelt).
Apropos Tessin ... gibt es etwas, das Sie am Leben in Lugano vermissen?
Lugano ist ein grossartiger Ort, genau wie das Tessin. Am meisten vermisse ich meine Freunde und Familie. Auch die Lugano-Fans, die mir gegenüber immer fair waren, vergesse ich nicht. Ich bin zufrieden mit meiner Entscheidung, nach Zug zu kommen. Aber das bedeutet nicht, dass ich nicht auch gerne ins Tessin zurückkehre und Familie, Freunde und auch die Fans besuche.
Ihre erste Saison in Zug war stark, ebenso wie die letzte in Lugano. Bleibt der NHL-Traum am Leben?
Sicher. Sag niemals nie. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, warum nicht versuchen? Im Moment ist dies jedoch nicht der Fall und ich bleibe bescheiden und zufrieden mit meiner aktuellen Situation. Ich weiss, dass ich mich noch verbessern kann, auch dank der Bedingungen, die ich hier in Zug vorfinde. Aber ich fixiere mich nicht auf die NHL. Wenn sich eine Gelegenheit ergibt, werden wir sehen. Wenn sich keine ergibt, bin ich sehr froh, hier in der Schweiz weiterspielen zu können.
Vor einigen Wochen haben die National Hockey League und die National League eine neue Vereinbarung unterzeichnet, die den Spielern den Übergang von der Schweizer in die nordamerikanische Liga auch ohne eine spezielle Ausstiegsklausel im Vertrag ermöglicht. Was denken Sie darüber?
Sicherlich wird dieser Deal die Dinge ändern. Ich bin mir dessen bewusst. Vielleicht werden wir Schweizer Spieler etwas mehr von der NHL verfolgt und die Türen stehen für uns vielleicht etwas weiter offen als zuvor. Im Leben kann es sehr schnell gehen, das motiviert mich für die Zukunft. Aber wie schon gesagt, ich bin jetzt in Zug und bin glücklich.
In Nordamerika ist die Meisterschaft noch nicht endgültig abgesagt. Es ist die Rede von einer möglichen Wiederaufnahme ... Haben Sie mit Nico Hischier darüber gesprochen?
Ja, wir haben darüber gesprochen. Er würde gerne wieder spielen, wie alle anderen Spieler auch. Aber sollte die NHL-Saison weitergehen, wäre dies für ihn nicht sehr positiv, da sein Team auf jeden Fall bereits von den Playoffs ausgeschlossen wäre (die New Jersey Devils könnten sich keinen Platz in den Playoffs mehr ergattern, selbst wenn die Liga beschliessen würde, die Anzahl der Teams auf 24 zu erhöhen, Anm. d. Red.). Aber Nico weiss selber nicht, wann die NHL weitergeht. Im Moment trainiert er einfach – genau wie wir.
Wie stehen Sie zum möglichen Auftakt der neuen Schweizer Meisterschaft? Möchten Sie auch ohne Zuschauer im September starten oder würden Sie den Meisterschaftsstart dann lieber verschieben?
Am liebsten würde ich sofort mit Fans im Stadion spielen. Wenn das aber nicht möglich ist, würde ich lieber zuwarten. Ohne Fans verliert der Sport viel. Die Fans erleben die Emotionen durch die Spieler auf dem Eis, aber wir spielen auch dank der Emotionen, welche die Fans uns von den Tribünen übermitteln. Auch aus diesem Grund wäre es schön, die neue Saison vor vollen Zuschauerrängen zu beginnen.