Sie waren ein Meisterkandidat, blieben aber im Playoff-Halbfinal chancenlos. Bei ihrer Saisonanalyse gibt es für die ZSC Lions vieles zu hinterfragen.
Als Sven Andrighetto im vergangenen Sommer als Königstransfer bei den ZSC Lions einen Fünfjahresvertrag unterzeichnete, machte er aus seinen Beweggründen kein Geheimnis. Er war gekommen, um in seiner Heimatstadt Titel zu gewinnen. Andrighetto wurde den hohen Erwartungen mehr als gerecht, aber um Champion sein zu können, fehlte den Zürchern dennoch einiges. Den Cupsieg vergeigten sie durch eine schwache Leistung im Final gegen den SC Bern. Und im Playoff-Halbfinal gegen Servette fanden sie nie den Zugriff, zeigten sich ideenlos und kassierten eine 0:3-Abfuhr.
Rückblende: Im vergangenen Spätherbst waren die ZSC Lions praktisch unschlagbar und überrollten mit einer Siegeswelle die Liga. Damals war kurzzeitig auch noch Pius Suter mit seinem Zauberstab dabei und Chris Baltisberger als robuste Nervensäge im gegnerischen Slot ein sicherer Wert. Diese Klasse, diese Breite, dieses Angebot an Instrumenten – es überforderte die anderen Teams. Und hätte die Mannschaft so zusammenbleiben können, dann hätte sie mit grosser Wahrscheinlichkeit auch den zehnten Meistertitel für die ZSC Lions eingefahren.
Plötzlich war es vorbei mit der ZSC-Herrlichkeit
Hätte, hätte, Fahrradkette. Als sich um den Jahreswechsel Suter in die NHL verabschiedete, was ohnehin klar war, und Baltisberger wegen einem Unterschenkelbruch seine Saison beenden musste, war es vorbei mit der ZSC-Herrlichkeit. Mehr als zwei Spiele in Folge konnten die Zürcher plötzlich nicht mehr gewinnen. Stattdessen gab es immer wieder peinliche Ausrutscher wie Heimniederlagen gegen die SCL Tigers oder Ambri.
Sicher, dass immer wieder und vor allem auch in den Playoffs Leistungsträger ausfielen, war Pech. Dass aber einzig Andrighetto und Captain Geering eine konstant gute Saison ablieferten und daneben nur noch Roe, Hollenstein, Marti, Krüger, Prassl und Sigrist zumindest phasenweise ihr Leistungspotenzial erreichten, dagegen nicht. Es wird seine Gründe haben. Der Rest versank im Mittelmass (Bodenmann, Berni) oder enttäuschte gar kolossal (Noreau, Lasch, Diem).
Es wurde auch verpasst, talentierte junge Spieler aus den eigenen Reihen einzubauen. Mit Goalie Ludovic Waeber und Stürmer Willy Riedi gab es im Kader lediglich zwei Aufsteiger. Für eine so gut strukturierte Organisation wie die ZSC Lions ist das zu wenig. All diese Punkte müssen der sportlichen Führung zu denken geben und gefordert ist nun nach einem verlorenen Jahr eine Aufarbeitung der Gründe.
Grönborgs Erfolgsausweis ist noch überschaubar
Rikard Grönborg wurde mit Schweden zweimal Weltmeister und ist ein grosser, charismatischer Trainer. Doch was er in den zwei Jahren seines Schaffens in Zürich erreicht hat, ist überschaubar. In der ersten Saison führte er den ZSC zwar zum Quali-Sieg, aber die anschliessende Playoff-Bewertung fiel wegen Corona aus. Der fünfte Quali-Rang dieser Spielzeit ist aber zu wenig und dass die Mannschaft in den entscheidenden K.o.-Spielen (Cupfinal, Playoff-Halbfinals) nicht erfüllte, alles andere als gut.
Zuweilen coachte Grönborg etwas gar mutlos und verpasste es dadurch, im Playoff-Halbfinal einen möglichen Gegentrend zu setzen und den Gegner zu überraschen. Stattdessen blieben die Zürcher für Servette stets berechenbar. Und Berechenbarkeit ist im Playoff definitiv kein erfolgversprechendes Konzept. Grönborg hat nun zwei, durch die Pandemie sehr aussergewöhnliche erste Jahre bei den ZSC Lions erlebt. Nun liegt es primär an ihm, die richtigen Schlüsse zu ziehen und ein entsprechendes Finetuning vorzunehmen. In der nächsten Saison sollte er dann aber schon zeigen, dass er nicht nur in Schweden, sondern auch in der Schweiz ein grosser Trainer sein kann.