Es ist die Zeit der grandiosen Playoff-Finals. Die Finalserien von 2007 und von 2008 zählen zu den besten aller Zeiten. 2008 entscheiden zwei Penaltyschiessen für die ZSC Lions und gegen Servette.
Im Frühling 2008 analysierte Kent Ruhnke für den «Tagesanzeiger» den Playoff-Final zwischen den ZSC Lions und dem Genève-Servette Hockey Club. «Ich hatte gedacht, der Final 2007 zwischen Davos und Bern sei grossartig gewesen, doch dieser war noch besser», so Ruhnkes Fazit.
Ruhnke – Schweizer Meister 2000 mit den ZSC Lions und 2004 mit dem SC Bern, aber an beiden Orten erhielt er für die darauffolgende Saison keinen Vertrag mehr. Genau so verhielt es sich 2008 bei den ZSC Lions von neuem: Headcoach Harold Kreis wusste seit Neujahr, dass im Sommer Sean Simpson ihn bei den Lions ablösen wird.
Kreis musste gehen, weil die Lions bis zum Playoff-Final fast nie meisterlich spielten. Die NZZ wollte die Spieler im Herbst «zu wirklich harter Arbeit aufbieten, etwa für eine Woche zum Stechen und Ernten von Zuckerrüben im Grossen Moos». Kreis drohte während der Saison permanent die Entlassung. «Harry, hol schon mal den Wagen», lautete eine andere Schlagzeile im Oktober 2007. Der EHC Basel gewann in dieser Saison nur vier Spiele. Gegen die ZSC Lions siegten die Basler aber zweimal.
McSorleys Meisterwerk bleibt unvollendet
Im Playoff-Final führte Servette nach zwei Spielen mit 2:0. Chris McSorleys Genfer Meisterwerk schien fast vollbracht. Nach dem 4:2-Auswärtssieg im Hallenstadion wurde McSorley aber überheblich: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir vier der nächsten fünf Spiele gegen Zürich noch verlieren.» Servette hatte die ganze Saison lang nie so oft verloren. Aber Servette kam gegen den ZSC zu keinem Sieg mehr: Die Lions gewannen 3:2, 3:2, 3:2 und 2:1, zuletzt zweimal nach Penaltyschiessen.
Die Zürcher Inspiration besiegte die Genfer Systematik. Harold Kreis liess seinen Zürcher Spielern taktische Freiräume, derweil Chris McSorley während allen Jahren in Genf die Spieler zwang, sein System zu spielen. Der gemässigte Harold Kreis zeigte es aber dem abgebrühten Machs-auf-meine-Weise-Coach. Die letzten vier Spiele verliefen alle ähnlich: Das energiegeladene Servette dominierte das erste Drittel, aber Ari Sulander hielt die Löwen im Spiel. Allmählich übernahmen die talentierteren ZSC Lions die Kontrolle, weil Servette seinen aufs ganze Spielfeld ausgerichteten Druck nicht aufrechterhalten konnte.
Spiel 6 bildete den dramatischen Höhepunkt. Dieser letzte Final räumte gründlich und grundsätzlich mit einigen überholten Klischees auf. Die beiden Teams lieferten den 10'700 Zuschauern im Hallenstadion während mehr als drei Stunden eine Show bis zum letzten Schuss des Penaltyschiessens. Es spielte keine Rolle, dass der legendäre ZSC-Fan «Trompeten-René» immer wieder zur Attacke blies, aber bis zum Penaltyschiessen nur zwei Tore fielen. Im Shootout verwertete Domenico Pittis als einziger, Ari Sulander liess sich nicht bezwingen.
Veränderungen im Playoff-Modus
Die packende Serie mit zwei Penaltyschiessen zum Abschluss führte zu Veränderungen. Zu den Penaltyschiessen wurden später wieder fünf statt nur drei Schützen zugelassen. Erst knapp zehn Jahre später wurden Penaltyschiessen in den Playoffs endgültig abgeschafft.
Im Frühling 2008 war der Meistertitel noch eine halbe Million Franken wert. So viel betrug das Startgeld für die neue Champions League, die damals vom Internationalen Eishockeyverband IIHF mit russischen Geldern lanciert wurde. Nur Meister ZSC Lions erhielt ein direktes Startrecht; der Qualifikationssieger SC Bern musste durch eine Qualifikation. Sean Simpson, der von Harold Kreis die ZSC Lions übernahm, gewann in Zürich zwar keinen Meistertitel, aber er gewann 2009 mit einem 5:0 im Final über Metallurg Magnitogorsk diese Champions League. Im Herbst 2009 holten sich die ZSC Lions unter Simpson mit einem 2:1 über die Chicago Blackhawks auch den Victoria Cup. Es war der erste Sieg einer Schweizer Mannschaft gegen ein NHL-Team.