«Für mich nicht normal» Melvin Nyffeler und der WM-Traum nach emotionalen Tagen

sda

7.5.2021 - 08:38

Melvin Nyffeler und sein ehemaliger Klub-Coach Jeff Tomlinson.
Melvin Nyffeler und sein ehemaliger Klub-Coach Jeff Tomlinson.
Keystone

Melvin Nyffeler, der Torhüter der Rapperswil-Jona Lakers, hat emotionale Tage hinter sich. Nun will er sich den Traum einer WM-Teilnahme erfüllen. Die Schweiz spielt am Samstag gegen Frankreich.

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Es waren bewegende Bilder, als die Rapperswiler Spieler den scheidenden Coach Jeff Tomlinson nach dem Scheitern im Playoff-Halbfinal gegen den EV Zug verabschiedeten. Mittendrin Melvin Nyffeler, für den es ein schwieriger Moment war, da Tomlinson für ihn mehr als einfach ein Trainer ist. «Als ich ihn (vor sechs Jahren) kennenlernte, war ich noch etwas naiv und unerfahren», blickt Nyffeler im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zurück. «Er hat mir immer vertraut und lernte mir, was es im Profi-Eishockey braucht, um als Mensch wie auch als Spieler zu bestehen. Er machte mich zu dem, was ich heute bin. Wir werden Freunde bleiben und uns hoffentlich irgendwo wiedersehen.»

Aktuell interessiert Nyffeler aber einzig die Nationalmannschaft, er ist am Mittwoch im Spitzensportzentrum OYM in Cham eingerückt. Der 26-Jährige gab am 7. November 2019 mit einem 5:2-Sieg gegen die Slowakei am Deutschland Cup sein Debüt für die Schweiz, seither kamen zwei weitere Einsätze dazu. Nun will er sich mit weiteren guten Leistungen für die WM in Riga (21. Mai bis 6. Juni) empfehlen.

«Es ist für mich noch keine Normalität, Teil des Nationalteams zu sein», sagt Nyffeler. Er ist diesbezüglich aber auf einem guten Weg, da er über eine grosse mentale Stärke verfügt und schon oft bewiesen hat, dass er in wichtigen Partien sein Niveau anheben kann. «Ich hatte schon immer einen sehr starken Willen und ein sehr gutes Selbstvertrauen», führt er aus. Das entspreche seinem Naturell. Zudem arbeitet er mit einem Mentaltrainer zusammen.

«Hatte lange mit Corona zu kämpfen»

Nyffeler fühlt sich derzeit sehr gut. Das war in dieser Saison nicht immer so, da ihn das Coronavirus erwischte. Zwar hatte er während der Erkrankung einen harmlosen Verlauf, als er jedoch wieder mit dem Training begann, machten die Lunge und der Puls nicht mit. «Dass ich gleich wieder Vollgas gab (das Return-to-Play-Programm nach Corona-Fällen wurde erst danach eingeführt, die Red.), warf mich langfristig zurück. Ich hatte noch einen Monat nach der Erkrankung damit zu kämpfen», erzählt Nyffeler.

Das gehört allerdings der Vergangenheit hat, von der Gegenwart ist er derweil beeindruckt. «Das Niveau ist extrem hoch, einiges höher als im Verein. Man merkt, dass jeder um einen WM-Platz kämpft.» Mit einer Teilnahme in Riga ginge für Nyffeler ein Traum in Erfüllung, da nähme er es gerne in Kauf, den 1. Geburtstag seines Sohnes zu verpassen, «auch wenn es mich treffen würde».

Nationalcoach Patrick Fischer kennt er schon lange, war doch dieser Trainerassistent, als Nyffeler an der U20-WM Ende Dezember 2012 teilnahm. «Man merkt, dass er den Job liebt. Er ist zu jedem einzelnen Spieler offen und aufrichtig, seine Persönlichkeit wirkt sich extrem positiv auf die ganze Mannschaft aus.»

Ausserdem hat Fischer dem Team den Glauben eingeimpft, dass der Weltmeister-Titel möglich ist, was die Finalniederlage im Penaltyschiessen 2018 gegen Schweden unterstrichen hat. «Sein Wille, etwas zu erreichen, ist sehr gross. Er liest die Spieler gut, erkennt, wer bereit ist, die notwendige Extrameile zu gehen.» Für Nyffeler ist klar, dass «jeder, der nicht an den Weltmeister-Titel glaubt, hier nichts verloren hat».

Erst einmal steht nun aber die Partie am Samstag in Freiburg gegen Frankreich auf dem Programm, sofern diese tatsächlich durchgeführt werden kann. Die Begegnung vom Freitag gegen die Franzosen wurde vorsorglich abgesagt, da die Equipe Tricolore am vergangenen Sonntag gegen Italien spielte und es bei den Südeuropäern zwei positive Corona-Fälle gab.

«Momentan ist es wichtig, das System zu verinnerlichen. Dafür wäre dieses Spiel ideal», so Nyffeler. «Für mich wäre es ein guter Test, um mich dem internationalen Niveau anzupassen.» Zwar ist davon auszugehen, dass die Schweizer gegen die Franzosen in der Offensive mehr kreieren können als in den Duellen gegen Russland (3:1 und 1:0) in der vergangenen Woche. Nyffeler warnt jedoch: «Frankreich zu unterschätzen, wäre falsch.»