Die Karriere von Reto Suri endet nach dem Ausscheiden des EV Zug. Der 35-Jährige erlebt einen emotionalen Abschied, sagt aber auch: «Es stimmt für mich.»
Alle der 7200 Zuschauerinnen und Zuschauer wissen in dem Moment genau, was kommt. Auch Reto Suri ahnt es. Und doch – als die Spieler des EV Zug und der ZSC Lions am Montagabend auf den blauen Linien aufgereiht stehen und die besten Spieler der vierten Playoff-Halbfinalpartie gekürt werden, wird der Zuger Stürmer von den Emotionen übermannt, als sein Name erst durch die Lautsprecher und dann tausendfach von den Rängen skandiert wird.
Die Karriere des 35-Jährigen als Eishockeyprofi ist da erst seit ein paar Sekunden vorbei. Beim Handshake der beiden Teams wird er vielfach geherzt, und als er auf der Bank nach vorne gebeugt steht und aufs Eis hinunterblickt, legt der langjährige Sturmpartner Sven Leuenberger den Arm um Suris Schultern und gibt ihm einen Kuss auf seinen blauen Helm.
Die spielerische Entwicklung
Neben der lauten Zürcher Freude, ungeschlagen in den Playoff-Final eingezogen zu sein, ist in der Zuger Arena vor allem eine leise Trauer zu spüren. Trauer darüber, dass die Saison des EV Zug zu Ende gegangen ist, dass nach den beiden Meistertiteln 2021 und 2022 zum zweiten Mal in Folge die Halbfinals Endstation bedeutet haben für die Innerschweizer. Vor allem aber darüber, dass Reto Suri zum letzten Mal die Schlittschuhe für den EVZ geschnürt hat.
Der frühere Junior Klotens hat in 17 Jahren in der höchsten Spielklasse neben den Zürchern auch für Genève-Servette, Rapperswil-Jona und Lugano gespielt. Zur Legende wird Suri aber in Zug, wo er 2012 hinwechselt und abgesehen von den zwei Saisons im Tessin ununterbrochen bleibt. 2013 gewinnt er zudem mit dem Schweizer Nationalteam WM-Silber.
Sein spielerischer Einfluss nimmt zwar über die Jahre ab. Ist Suri in seiner Anfangszeit beim EVZ noch verlässlicher Skorer und Spektakelspieler, fokussiert er sich später auf die harte Arbeit einer vierten Linie, deren primäre Aufgabe es ist, kein Gegentor zu erhalten. Der Popularität Suris in Zug schadet diese Entwicklung keineswegs, weil die Fans wissen, was die Nummer 26 für den Verein geleistet hat.
Problemzone Knie
Suri ist Teil des Teams, das 2022 den zweiten Meistertitel de suite in die Innerschweiz holt. Dass er nach der epischen Finalserie gegen die ZSC Lions, in der die Zuger einen 0:3-Rückstand wettmachen, mit Krücken zur Siegerehrung kommt, nachdem er sich in Spiel 5 am Knie verletzt hat, ist ein Sinnbild für Suris Karriere.
Schliesslich wird der Linksschütze immer wieder von Verletzungen gebremst, vorab das Knie wird zur Problemzone. Auch im letzten Sommer passiert es wieder, und Suri verletzt sich im Training vor dem Saisonstart. Wieder steht eine mehrmonatige Pause an, wieder muss Suri sich in der Reha zurückkämpfen. In dieser Phase reift in ihm der Entscheid, seine Karriere im Frühling 2024 zu beenden.
Aber ein letztes Mal will Suri sich wieder ins Team kämpfen. Mitte Januar kehrt er zurück, kommt in 15 Spielen der Regular Season zum Einsatz und ist bereit für seine letzten Playoffs. Und die Fans sind es offensichtlich auch: Beim ersten Heimspiel der Viertelfinalserie gegen den SC Bern widmen sie ihm eine Choreografie mit seinem Konterfei und den Worten: «Der König von Zug bittet zum letzten Tanz.»
Verdienter Sieger ZSC
Gut drei Wochen später ist ausgetanzt. Und Suris Augen sind von den Tränen etwas gerötet, als er ein letztes Mal aus der Garderobe läuft und in Worte fassen soll, was in ihm vorgeht. Chaotisch sei es in seinem Kopf, meint Suri. «Wahrscheinlich brauche ich ein paar Wochen, damit ich dieses Kapitel meines Lebens abschliessen kann.»
Er habe grosses Vertrauen gehabt, dass sein Team einen Weg finden werde, damit die Serie gegen die ZSC Lions nicht schon nach vier Spielen beendet wäre. «Jetzt ist das halt nicht so.» In den Worten Suris schwingt nichts Negatives mit. Er kann die Serie gegen den ZSC realistisch einschätzen und sagt: «Wenn du gesweept wirst (eine Serie zu null verlieren/Red.), muss man nicht diskutieren. Dann gab es ganz viele Aspekte, in denen wir nicht genug gut waren, oder der ZSC einfach besser. Zürich hat verdient gewonnen.»
Suri wird dem EVZ in einer Doppelfunktion (Coaching und Scouting) erhalten bleiben. Cheftrainer Dan Tangnes, der nun erstmals seit seiner Ankunft in Zug 2018 eine Playoffserie 0:4 verlor, hat Suri auch schon über die Schultern geschaut. Der König zieht also nicht von dannen. Er disloziert nur in ein anderes Gebiet. Suri sagt: «Es war mir sehr wichtig, einen Abschluss auf dem Eis haben zu können. Und jetzt stimmt es so für mich.»