NHL Roman Josi übertrumpft sich immer wieder selbst

sda

21.3.2022 - 18:30

Roman Josi ist mit 75 Skorerpunkten der derzeit produktivste Verteidiger in der NHL.
Roman Josi ist mit 75 Skorerpunkten der derzeit produktivste Verteidiger in der NHL.
Bild: Keystone

2020 gewinnt Roman Josi die «Norris Trophy» für den besten NHL-Verteidiger der Saison. Dennoch ist er in neue Sphären vorgerückt.

21.3.2022 - 18:30

Josi hat in der Trainingshalle der Nashville Predators gerade ein Workout absolviert, ehe er sich Zeit für den Besucher aus der Schweiz nimmt. Er ist entspannt, dazu hat er auch allen Grund. Der Berner hat einen unglaublichen Lauf: Er punktete vor der Partie in der Nacht auf Dienstag bei den Anaheim Ducks in sämtlichen neun Spielen im März und sammelte dabei sagenhafte 22 Punkte (3 Tore, 19 Assists), wovon 13 (2/11) in den vorangegangenen vier Begegnungen.

Josi ist in der Geschichte der besten Eishockey-Liga der Welt erst der sechste Verteidiger, der nach 60 Partien 75 Skorerpunkte auf dem Konto hat, der erste seit der Saison 1990/91, als Paul Coffey und Al MacInnis dies geschafft haben. Fast schon logisch ist er mittlerweile im Besitz der Schweizer Punktebestmarke in einer NHL-Qualifikation, diese hatte zuvor Timo Meier (66 in der Saison 2018/19) inne. Zudem bestritt Josi am Samstag Ortszeit sein 821. Spiel in der NHL, womit er nun vor Mark Streit alleiniger Schweizer Rekordhalter ist.

Viel von Mark Streit gelernt

Der inzwischen zurückgetretene Mark Streit war für Josi ein «riesen Vorbild». Um auf ein solches Niveau zu kommen, brauche es viel Disziplin und Ehrgeiz, denn ab einem gewissen Niveau hätten alle Talent, so Josi. «Es gilt, jeden Tag einen Weg zu finden, besser zu werden. Das lebte Streit vor und habe ich von ihm gelernt, da ich das Privileg hatte, mit ihm zu trainieren.»

Trotz den konstant starken Leistungen gibt es für Josi «noch viele Sachen zu verbessern, in meinem Alter ist es aber auch sehr wichtig, mich zu erholen. Das merke ich nun. Ich kann nicht mehr einfach aufs Eis gehen.» Mit bald 32 Jahren ist er der viertälteste Spieler im Team von Nashville. «Es geht so schnell. Gefühlt war ich gestern noch einer der Jüngsten. Es ist schon etwas anders, wenn du plötzlich einer der Ältesten bist. Wichtig ist, als gutes Beispiel voranzugehen. Die Jungen schauen, was wir Älteren machen, da sie noch nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen. Das war bei mir nicht anders, diesen Prozess macht jeder junge Spieler durch.»

Josi bleibt sich selber

Josi ist bereits die fünfte Saison Captain der Predators. Ist er mittlerweile ein anderer Captain? «Schon etwas. Jedes Jahr bringt neue Herausforderungen, ich habe sicherlich gelernt, besser mit den Aufs und Abs mit dem Team umzugehen. Entscheidend ist jedoch, sich selber zu sein und eine Linie zu haben, dann kommt man immer am ehrlichsten rüber. Wenn ich als ruhiger Typ plötzlich in der Kabine herumschreien würde, dann würde mich niemand ernst nehmen. Ich gehe meistens nach dem Bauchgefühl.»

In dieser Saison befindet sich Nashville auf einem guten Weg. Der Schlüssel für eine Playoff-Teilnahme ist selbstredend ein intakter Teamspirit. «Wichtig ist, gegenseitig Respekt zu haben und einander dennoch zu fordern», sagt Josi. Ein weiterer Faktor ist die Konstanz. Diese in einer Liga mit 82 Qualifikationspartien hinzubekommen, stellt insbesondere für junge Akteure eine grosse Schwierigkeit dar. «Man muss die Einstellung haben, dass jedes Spiel zählt, darf sich nach einer guten Leistung nicht ausruhen. Das ist für einen Jungen etwas vom Schwierigsten», führt Josi aus. Konkret geht es darum, nach Siegen wie auch nach Niederlagen emotional die richtige Balance zu finden.

Veränderte Prioritäten

Josi hat das mittlerweile gelernt, was durch seine Statistiken unterstrichen wird. Dass er bis im Alter von «glaube ich 14 Jahren» Stürmer war, ist bei ihm in praktisch jedem Einsatz zu sehen, sein Offensivdrang ist immens. Er hat ein ausgezeichnetes Gespür, wann er mit dem Puck laufen kann und wann nicht, sieht das offene Eis. «Mein Spiel hat sich mit der Erfahrung so ergeben und entwickelt», sagt Josi. Seine Spielintelligenz ist auch darauf zurückzuführen, dass er als Kind polysportiv unterwegs war, er viel Tennis spielte, im Fussballverein war. Nicht umsonst wird empfohlen, sich nicht zu früh auf eine Sportart zu spezialisieren.

Auch neben dem Eis läuft es Josi rund. Er wird im Sommer zum zweiten Mal Vater. Sein Sohn ist mittlerweile etwas mehr als ein Jahr alt. «Die Prioritäten haben sich schon verändert», sagt Josi. «Wenn ich nach Hause komme, ist es egal, ob das Spiel gut oder schlecht war. Ich geniesse es extrem.» Vielleicht ist er gerade auch deshalb so gut wie noch nie. Hält er die Pace von 1,25 Punkten pro Partie, wird er die Regular Season mit genau 100 Punkten abschliessen, eine Marke, die bislang in der NHL erst fünf Verteidiger erreicht haben. Es wäre ein weiterer Meilenstein in seiner Karriere.

sda