Interview Samuelsson: «Kuraschew ist kein normaler 19-Jähriger»

Luca Betschart

10.5.2019

Morgan Samuelsson glaubt an eine grosse Zukunft von Philipp Kuraschew (links). 
Morgan Samuelsson glaubt an eine grosse Zukunft von Philipp Kuraschew (links). 
Bild: Keystone

Am Samstag startet die Schweiz in Bratislava als Vize-Weltmeister in ein neues WM-Abenteuer. Im Interview mit «Bluewin» erklärt Experte Morgan Samuelsson, weshalb eine erneute Teilnahme am WM-Final nicht erwartet werden darf.

Am Samstagmittag um 12.15 Uhr startet die Schweiz gegen Aussenseiter Italien in das WM-Turnier. Nach der Silbermedaille im letzten Jahr darf der Mannschaft von Patrick Fischer auch in der Slowakei so einiges zugetraut werden. Teleclub-Experte Morgan Samuelsson spricht im Interview über die Chancen auf eine weitere WM-Medaille und erklärt, wieso die Youngsters Moser und Kuraschew in die Auswahl gehören, Routinier Denis Hollenstein aber nicht.


Morgan Samuelsson über…

…den Kader der Schweizer Auswahl

Spielerisch und taktisch ist man sehr stark. Ich denke, dass man eine sehr gute Gruppenphase spielen wird. Ab dem Viertelfinal weiss ich nicht, ob das Gewicht und die Grösse der Spieler ausreicht, um zu bestehen.

…die unterschiedlich starken Gegner in der Gruppenphase

Ich glaube, es sind wie zwei verschiedene Turniere, die die Schweiz bestreitet. Man kann nicht während der ganzen Gruppenphase gleich spielen. Gegen die schwächeren Gegner (Italien, Lettland, Österreich und Norwegen, Anm. d. Red.) muss man das Spiel machen und die spielführende Mannschaft sein. Das kann die Schweiz mittlerweile ziemlich gut, man hat das dank viel Übung gelernt und über die letzten Jahre verbessert.

Dann kommt die zweite Phase gegen die stärkeren Teams (Schweden, Russland und Tschechien, Anm. d. Red.). Die Schweiz ist im Eishockey immer noch eine Nation, die sich dem Gegner anpassen muss. Man kann nicht gegen jede Mannschaft das eigene Spiel durchziehen. Soweit sind wir noch nicht.

…die gestiegenen Erwartungen nach der Silbermedaille 2018

Es gibt vier bis fünf Top-Nationen, die jedes Jahr um die Medaillen spielen. Die Schweizer Mannschaft ist noch nicht so weit, dass man ähnliches erwarten kann. Weltweit ist man noch keine Spitzenmannschaft, das ist einfach so. Aber wenn solche Momente wie 2018 kommen, muss man diese geniessen.

…den Kampf um die Nummer 1 zwischen Berra und Genoni

Von den Resultaten der letzten WM und der vergangenen Saison her ist Leonardo Genoni die Nummer 1. Aber man weiss nie, wie sich eine Weltmeisterschaft entwickelt. Wir haben das an den letzten olympischen Spielen gesehen: Erst war Genoni, dann plötzlich Hiller die Nummer 1. Es kommt auch auf die Tagesform an, aber in der Gruppenphase wird man sicher abwechselnd spielen.

…die NHL-Verstärkung Sven Andrighetto

Er ist definitiv eine Verstärkung. Er ist ein Spieler mit goldenen Händen und einer guten Spielübersicht. Ihn kann jede Mannschaft brauchen.

…die Absage von NHL-Verteidiger Dean Kukan

Das ist für mich schwer nachvollziehbar. Ich weiss nicht, in welcher Situation er steckt oder ob etwas passiert ist. Vielleicht musste er zügeln (lacht). Man kennt die Hintergründe zu wenig. Aber rein spielerisch ist er kein Roman Josi, kein Weltstar. Deshalb ist es verkraftbar, dass er der Schweiz nicht zur Verfügung steht.

…die Nicht-Berücksichtigung von Denis Hollenstein

Ich finde das definitiv richtig. Er hat keine hervorragende Saison hinter sich und Fischer setzt auf schnelle Flügel. Hollenstein ist ein sehr guter Hockeyspieler, aber nicht der schnellste Stürmer. Deshalb hat er in diesem Jahr nicht ins Konzept von Patrick Fischer gepasst.

…die Nachwuchs-Talente Moser und Kuraschew

Kuraschew ist ein brutal intelligenter und dynamischer Center. Für ihn muss es Platz haben in dieser Mannschaft, ich hoffe, er kann als Center sein Repertoire ausspielen. Er ist kein normaler 19-Jähriger und wird in der NHL eine guten Weg gehen.

Janis Jérôme Moser ist die Entdeckung der Saison in der Schweiz. Er ist so erwachsen in der Art und Weise, wie er spielt. Wenn man nicht weiss, dass er erst 18 Jahre alt ist, sieht man das auch nicht. Beide gehören definitiv in die Mannschaft.

…die physische Präsenz der Schweizer Mannschaft

Die Frage ist, ob man im allfälligen Viertelfinal, wo alles ein bisschen härter wird, genügend Power-Stürmer mit genügend Wasserverdrängung in der Mannschaft hat. Ich könnte mir vorstellen, dass die Schweiz da ein Problem haben wird. In einem Viertelfinal wird auch von den Schiedsrichtern tendenziell mehr toleriert. Fehlen einige Zentimeter oder Kilos, wird es schwierig, sich durchzusetzen.

…die Favoriten des Turniers

Schweden wird alles daran setzen, den dritten Weltmeistertitel in Folge zu ergattern. Sie haben hart gearbeitet und die Mannschaft auch so zusammengestellt, das sie das Triple holen können. Viele Spieler aus den vergangenen zwei Jahren sind noch dabei und wissen, wie man Weltmeister wird. Sie haben sehr gute Chancen.

Wenn man aber nur die Kaderliste betrachtet, ist alles andere als ein Triumph von Russland eine Überraschung. Russland hat ein Dream-Team auf die Beine gestellt. Für die kleineren Mannschaften wird es dieses Jahr schwer, den Grossen ein Bein zu stellen.

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