Nationalteam Weibel macht sich Sorgen um das Schweizer Eishockey

sda

11.11.2022 - 09:41

Nationalmannschaftsdirektor Lars Weibel hofft auf die Vernunft der Involvierten im hiesigen Eishockey
Nationalmannschaftsdirektor Lars Weibel hofft auf die Vernunft der Involvierten im hiesigen Eishockey
Keystone

Die Erhöhung auf sechs Ausländer, eine kriselnde Swiss League – es gibt beunruhigende Entwicklungen im Schweizer Eishockey. Nationalmannschaftsdirektor Lars Weibel macht sich jedenfalls Sorgen.

Keystone-SDA, sda

Die Schweizer bestreiten aktuell den Karjala Cup im finnischen Turku. Es ist das erste von vier Turnieren der Euro Hockey Tour mit den Topteams Finnland (wurde am Donnerstag 3:2 nach Penaltyschiessen bezwungen), Schweden und Tschechien als Gegnern. Die Schweiz ist für das aus bekannten Gründen ausgeschlossene Russland nachgerückt und gehört auch in der nächsten Saison dazu. «Das ist ein riesiger Mehrwert für uns», sagt Nationaltrainer Patrick Fischer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Soweit, so gut.

Es gibt jedoch auch einige dunkle Wolken am Horizont. Ob sich die Erhöhung der Ausländerzahl negativ auf die Nationalmannschaft auswirkt, wird die Zukunft zeigen. Es ist nicht auszuschliessen, dass die besten Schweizer von der Steigerung der Qualität profitieren. Jedoch wird es für die Talente noch schwieriger, in der National League Fuss zu fassen, was Lars Weibel Sorgen bereitet. «Wir müssen schauen, dass die jungen Spieler eine Perspektive haben.»

«Ist kein Klacks»

Die National League ist selbstständig. Sie hat sich im Juli 2020 vom Verband gelöst. Der Verband steht also aussen vor, wenn die höchste Liga Entscheide trifft – wie eben kürzlich, als beschlossen wurde, dass die 14 Teams umfassende National League nicht wieder auf zwölf Mannschaften reduziert wird wie vor der Pandemie. Somit dürfte sich an der Ausländerzahl zumindest in der unmittelbaren Zukunft nichts ändern. Gleichzeitig war dies keine gute Nachricht für die Swiss League, die mit einigen Problemen kämpft, vor allem finanzieller Natur. Es ist gut möglich, dass die zweithöchste Klasse mittelfristig zu einer Amateurliga mutiert.

Weibel hat eine klare Meinung dazu und äussert diese mit einem guten Gefühl. «Das ist für mich kein Klacks und alles andere als ideal für die Zukunft des Eishockeys in unserem Land.» Dass er nicht mitentscheiden kann, lässt ihn nicht verzweifeln. «Es gilt, hinzustehen und die getroffenen Beschlüsse zu hinterfragen. Das ist unser Job. Wir haben uns sehr tiefgründige Gedanken gemacht, bis in die U9, und geben unsere Empfehlungen ab.» Der frühere Top-Goalie fände es wichtig, dass alle Talente die gleichen Gefässe auf dem Athletenweg durchlaufen. «Das brächte die nötige Konkurrenz und Leistungsdichte mit sich auf dem Weg in die National League», ist er überzeugt.

Auch Nationaltrainer Patrick Fischer äussert sich kritisch zum eingeschlagenen Weg. «Es ist schade, wie es zur Zeit läuft. Die Entwicklung geht definitiv in die falsche Richtung. Wir sind ein kleines Eishockey-Land. Alle, der Verband, die Nationalteams, die National und Swiss League, die Nachwuchsmannschaften, müssen gut miteinander verlinkt sein und zusammenarbeiten. Wir können nur gemeinsam Erfolg haben.»

Finnland hat es vorgemacht

Diesbezüglich gibt es ein perfektes Beispiel: Olympiasieger und Weltmeister Finnland. 2009 berief der dortige Verband aufgrund der damaligen Krise ein Gipfeltreffen mit der Eishockey-Kompetenz des Landes ein. Die Quintessenz dieses Treffens war, dass alle viel näher zusammenrücken und vor allem das Wissen teilen sollten. Das wurde umgesetzt. Die danach erzielten Erfolge, auch jene der Nachwuchsteams, sprechen für sich. «Wissen und Geheimnisse mit dem Gegner zu teilen war am Anfang natürlich schwierig. Aber irgendwann merkten wir, dass teilen unglaublich fruchtbar sein kann», sagte Kalle Väliaho, der 13 Jahre im finnischen Verband für die Entwicklung und den Nachwuchs zuständig war, gegenüber dem Schweizer Fernsehen.

Für Weibel wäre es definitiv eine Lösung, dem Beispiel Finnlands zu folgen. «Ich hoffe auf die Vernunft aller Involvierten, dass wir einen Weg gehen, der nachhaltig ist und unser Topprodukt stärkt. Dafür setze ich mich mit der gleichen Leidenschaft ein, die wir von unseren Spielern auf und neben dem Eis verlangen. Wir müssen auf jeden Fall aufpassen – wobei ich nicht vom Nationalteam rede, sondern vom Schweizer Eishockey im Generellen.»