Vor dem letzten Gruppenspiel an der EM in England ist die Stimmung im Schweizer Lager locker, auch wenn der notwendige Sieg gegen Titelverteidiger Niederlande wie eine unlösbare Aufgabe scheint.
Das Interesse ist beachtlich. 13 Medienschaffende sind am Samstagmorgen vor Ort für das Abschlusstraining des Schweizer Frauen-Nationalteams, das nicht wie sonst üblich bereits im Stadion in Sheffield stattfindet, sondern in Huddersfield, wo während der Europameisterschaft die meisten Einheiten stattgefunden haben. Die Linsen der Kameras sind genau gerichtet, und zwei UEFA-Delegierte in schwarzen Anzügen achten penibel darauf, dass ja niemand zu nahe herantritt, wenn sich die Spielerinnen von Nils Nielsen aufwärmen.
Die Stimmung ist locker, der Einstieg in die Einheit spielerisch. Bei einer Stafette feuern sich die Spielerinnen lautstark an, der Ball wird da noch nicht am Fuss geführt, sondern auf dem Arm getragen. Das siegreiche Team jubelt euphorisch. Nach einer Viertelstunde ist das Spektakel vorbei, und die Männer in Schwarz bitten, zu gehen.
Es ist keine Überraschung, bekommt die Öffentlichkeit nicht die Spielzüge zu Gesicht, mit denen Nielsen die Niederländerinnen im letzten Gruppenspiel am Sonntag an der Bramall Lane (18 Uhr) zu schlagen gedenkt, um den für einen Verbleib im Turnier nötigen Sieg einzufahren. Auch ein paar Stunden später bei der Pressekonferenz lüftet der Däne das Geheimnis nicht. Auf die Frage, wie sein Plan für das Duell mit den Titelverteidigerinnen aussehen würde, sagt Nielsen: «Wenn ich das verraten würde, wäre das nicht so intelligent, denn in den Niederlanden sprechen sie ebenfalls viele Sprachen. Der Plan ist einfach, dass wir ein Tor mehr erzielt haben als sie, wenn der Schiedsrichter abpfeift.»
Lange Serie der Ungeschlagenheit
Nach der Plattitüde schmunzelt der Schweizer Nationaltrainer. Es ist nicht sein einziger Spruch. Angesprochen darauf, wie hoch er die Siegchancen seines Teams in Prozent einschätze, nachdem er gegen Schweden von 90 zu 10 gesprochen hatte, sagt er: «Ich bin wirklich nicht so gut mit Zahlen. Wenn Sie meine Steuererklärung sehen würden, wüssten Sie warum.»
Der 50-Jährige erinnert daran, dass die «Oranje Leeuwinnen» seit ihrem EM-Titel 2017 keinen Ernstkampf gegen ein europäisches Team verloren haben. Die einzigen beiden Niederlagen in den letzten fünf Jahren erlitten sie im WM-Final 2019 in Lyon sowie 2021 im Viertelfinal des olympischen Turniers von Tokio – beide Male gegen die übermächtige USA. Nielsen illustriert damit, dass die SFV-Auswahl auf ein Topteam trifft. Aber er sagt: «Vielleicht sind es ja wir, die dieser Serie ein Ende setzen können.»
Nielsen werden alle Spielerinnen zur Verfügung stehen. Die hohe Intensität in den Trainings der letzten zwei Tage stimme ihn zuversichtlich, sagt der Coach. «Wir sind bereit.» Gelingt der Coup gegen die Niederlande, wäre die Belohnung ein Viertelfinalspiel am kommenden Samstag in Rotherham gegen Frankreich.
sda