Ist es korrekt, dass Nassim Ben Khalifa wieder am Abschlusstraining des FC St. Gallen teilnehmen darf? Die Meinungen von Profi Kay Voser und den (ehemaligen) Trainern Jeff Saibene und Rolf Fringer gehen weit auseinander.
Nassim Ben Khalifa sorgte in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen. Nicht wegen eines Traumtores oder eines Hattricks, sondern wegen eines gewonnenen Gerichtsfalls: Er erkämpfte sich die Teilnahme am Abschlusstraining, nachdem ihn St. Gallens Trainer Peter Zeidler zuletzt nicht mehr für dieses aufbot.
Der Fall sorgt im Fussball-Talk Heimspiel von Teleclub für Diskussionen. Teleclub-Experte Rolf Fringer kann den Entscheid des Gerichts nicht nachvollziehen. «Als Trainer siehst du während der ganzen Woche die Mannschaft, und beim Abschlusstraining willst du dich auf deine 18 Spieler, die du dann im Kader hast, konzentrieren», sagt der ehemalige Nati-Coach und Meistertrainer des FC Aarau. «Der Richter versteht ja überhaupt nichts von Fussball, das ist ein grosser Witz.»
Kay Voser widerspricht und fordert einen fairen Umgang mit den Spielern. «Nassim Ben Khalifa hat eine gute Karriere hinter sich. Warum muss man einen Spieler in die U21 abschieben oder ihn vom Abschlusstraining verbannen? Das verstehe ich aus sportlicher Sicht nicht», sagt der 175-fache Super-League-Spieler, der seit Januar vereinslos ist.
Der 32-Jährige war selber einmal in einer ähnlichen Situation. Beim FCZ durfte Voser zu seiner Überraschung nicht mehr mit der 1. Mannschaft trainieren, weil der Klub nicht mehr mit ihm plante. «In Basel haben sie jedes Jahr ein Kader von 30 Spielern. Als ich da spielte, kam es kein einziges Mal vor, dass ein Spieler nicht fürs Abschlusstraining eingeladen oder in die U21 verbannt wurde», sagt Voser und erwähnt das Beispiel Zdavko Kuzmanovic: «Der Klub wollte ihn loswerden, und er wollte selber gehen. Aber er war trotzdem immer im Training, und auf einmal ist er wieder da und kann der Mannschaft helfen.»
Spieler, die im Matchplan des Trainers keine Rolle spielen, könnten beim Abschlusstraining schliesslich auch anders beschäftigt werden, findet Voser: «Mit den 18 Spielern im Kader kann der Trainer taktische Sachen machen, stehende Bälle üben. Die anderen können daneben eine andere Trainingseinheit absolvieren. So haben sie dennoch ein gutes Gefühl und können sich in der nächsten Woche wieder aufdrängen.»
Ex-St.Gallen-Trainer Jeff Saibene ist sich sicher, dass Ben Khalifas Ausbootung nicht nur sportliche Gründe hat. «Der Spieler ist nie glücklich, wenn er nicht zum Spielen kommt. Wenn er dann dem Team, dem Trainer oder der Stimmung schadet, muss er weg», sagt Saibene. Voser hält dagegen: «Du kannst ja mit dem Spieler unter vier Augen reden und ihm klarmachen, dass es momentan nicht reicht, er aber weiter arbeiten soll.»