Grasshopper Club Zürich Der «Charakter-Lump» soll's richten

Kommentar: René Weder

9.4.2019

Uli Forte soll GC vor dem Abstieg retten – oder dann wohl eher den Aufstieg gewährleisten.
Uli Forte soll GC vor dem Abstieg retten – oder dann wohl eher den Aufstieg gewährleisten.
Bild: Keystone

Wenn uns die jüngste GC-Vergangenheit eines gelehrt hat, dann dies: Immer wenn du denkst, schlimmer kann es nicht kommen, denk nochmals nach.

Lassen wir zunächst die Bilder sprechen:

1. Juni 2013: GC-Fans kommentieren den eben erst publikgewordenen Wechsel von Cupsieger-Coach Uli Forte in Richtung Bern.
1. Juni 2013: GC-Fans kommentieren den eben erst publikgewordenen Wechsel von Cupsieger-Coach Uli Forte in Richtung Bern.
Bild: Keystone
An diesem Abend schlagen die Hoppers Lausanne 4:1 und beenden die Saison als Vizemeister.
An diesem Abend schlagen die Hoppers Lausanne 4:1 und beenden die Saison als Vizemeister.
Bild: Keystone

Rückblende: Am 20. Mai 2013 wird der Grasshopper Club erstmals seit 1994 Schweizer Cupsieger. Die Zürcher setzen sich in Bern gegen Titelverteidiger Basel im Penaltyschiessen mit 4:3 durch. Als Milan Vilotic den entscheidenen Elfer versenkt, brechen alle Dämme. Betreuer und Funktionäre stürmen den Platz, liegen sich mit den Spielern in den Armen. GC-Coach Uli Forte schwärmt nach dem Triumph: «Dieser Titel ist die Konsequenz unserer Arbeit. Alle haben es verdient – vom Materialwart bis zum Verwaltungsrat.» 

Bei den Fans weckt der Exploit, der vor Saisonstart nicht hatte erwartet werden können, Erinnerungen an glorreiche Tage: GC ist zurück! Auch in der Meisterschaft spielt sich das Team mit klingenden Namen wie Bürki, Grichting, Lang, Salatic, Vilotic, Hajrovic, Gashi oder Zuber hinter Basel auf den zweiten Tabellenplatz. 

Doch die Euphorie währt nicht lange. Keine zwei Wochen nach dem Cupsieg wird bekannt, dass Uli Forte von seiner Ausstiegsklausel Gebrauch macht und zu YB wechselt. Ein Schritt, der Forte in weiten Teilen der Hoppers-Anhängerschaft nie verziehen werden sollte.

Am letzten Spieltag der Saison 2012/2013 verschaffen die Fans ihrem Unmut Luft: «Charakterlose Lump» oder «Uli, rüeft s'Gäld?» ist auf Transparenten im Letzigrund zu lesen. Harmloses Vokabular im Vergleich zu den verbal geäusserten Tiraden an die Adresse des Italo-Schweizers. 

Stipic hatte nicht fünf, sondern keine einzige Chance

Dass nun die Wiederverpflichtung Fortes acht Runden vor Schluss beim ohnehin arg gebeutelten GC-Anhang für Missmut sorgen wird, ist denn auch nachzuvollziehen. Neo-Präsident Stephan Rietiker wird seine Beweggründe für diese Handlung haben. Erschliessen werden sie sich den Fans indessen kaum. Hatte Rietiker noch bei seinem Amtsantritt betont, dass man auf die Fans zugehen und den Dialog suchen wolle, erscheint die Anstellung Fortes heute vor diesem Hintergrund wie ein verspäteter Aprilscherz.



Der ganz grosse Verlierer auf den ersten Blick ist Tomislav Stipic. Kaum in Zürich angekommen, muss der bemitleidenswerte Deutsch-Kroate bereits wieder seine Koffer packen. Die Art und Weise, wie man den 39-Jährigen zum Teufel jagt, ist äusserst frag- und definitiv unwürdig.

Gewiss: Mit seiner Verpflichtung sind die Hoppers unter ex-Präsident Stephan Anliker ein Riskio eingegangen. Dennoch hatte Stipic keine Chance, sich überhaupt zu beweisen. In fünf Spielen kann der beste Trainer der Welt aus einem verunsicherten Haufen keine selbstsichere Siegertruppe formen. Schon gar nicht aus einer solch unerfahrenen Mannschaft, die in der Liga letztmals am 25. November 2018 gewinnen konnte.

Stipic hat Riskio genommen, als er fünf Spieler aus dem Kader strich. Er trat vom ersten Moment an bestimmt auf, wirkte dennoch nahbar und nie abgehoben oder überheblich. In fünf Spielen hat er dreimal nicht verloren. Er war ein neues, frisches Gesicht, das der Schweizer Liga gutgetan hätte. Jetzt muss er unverrichteter Dinge wieder abziehen – gedemütigt und erniedrigt. Es sei ihm an dieser Stelle gewünscht, dass er dieses Kapitel schnell abhaken und weiter seinen Weg gehen kann.

Wenn ein Verein den Abstieg verdient, dann GC

In der Medienmitteilung schreibt GC heute heuchlerisch: «Wir haben mit Tommy gut zusammengearbeitet. Seine Fähigkeiten als Trainer und Ausbildner sind für jeden von uns deutlich geworden. Dass er in einer sportlich extrem schwierigen Phase Verantwortung übernommen hat, werden wir ihm nicht vergessen und danken ihm ganz herzlich.»

So bleibt nach dem neuesten Akt in der unsäglichen GC-Saga vor allen Dingen eines: Der Klub ist auch unter Rietiker weiterhin heillos überfordert. Georges Perego, Verwaltungsrat seit 2015, hat dies erkannt und seinen Rücktritt eingereicht. Die Stimmung im Führungsgremium dürfte sich dem Gefrierpunkt nähern. Zumal sich nach der Stipic-Entlassung auch Geldgeber Anliker hintergangen fühlen dürfte.

Wenn ein Verein in dieser Saison den Abstieg verdient hat, dann der Grasshopper Club Zürich.



GC-Trainer seit 2012
Uli Forte
Michael Skibbe
Pierluigi Tami
Carlos Bernegger
Murat Yakin
Mathias Walther
Thorsten Fink
Tomislav Stipic
Uli Forte

Funfact
GC hat in den letzten fünf Wochen soviele Trainer gehabt wie Punkte geholt.

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