Liga-Präsident Schifferle «Die Fans haben Macht – es ist schwierig, eine Lösung zu finden»

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14.5.2019

Liga-Boss Heinrich Schifferle sagt: «Wer ein Spiel zum Abbruch führen will, schafft das auch.»
Liga-Boss Heinrich Schifferle sagt: «Wer ein Spiel zum Abbruch führen will, schafft das auch.»
Bild: Keystone

SFL-Präsident Heinrich Schifferle meldet sich nach dem GC-Fan-Eklat zu Wort und sagt, dass die fehlbaren Anhänger mit Stadionverboten bestraft werden. Doch ist die Arbeit damit getan?

Der Schweizer Fussball hat ein Fan-Problem. Das ist nicht erst seit vergangenem Sonntag und dem Spielabbruch in Luzern bekannt. In den letzten Monaten und Jahren sorgten Zuschauer immer wieder dafür, dass Spiele unter- oder sogar abgebrochen werden müssen. Und dass sich «richtige» Fans mit ihren Kindern nicht mehr ins Stadion trauen, da ihre Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist. 

Vor drei Jahren stürmten mehrere dutzend vermummte FCZ-Anhänger nach dem besiegelten Abstieg in die Katakomben, um die Spieler anzugreifen. Letztes Jahr griffen Lausanne-Hooligans am letzten Spieltag Thun-Fans an und erzwangen einen Spielabbruch. Und in dieser Saison sorgten die GC-Anhänger schon in Sion dafür, dass nicht mehr weitergespielt werden konnte. 

Am Sonntag erlebt die Fangewalt in der Schweiz einen neuen Tiefpunkt, als die GC-Spieler von ihren eigenen «Fans» aufgefordert werden, sich nackt auszuziehen und über den Platz zu robben. Die Grasshoppers um Präsident Stephan Rietiker gehen den Kompromiss ein, der Kurve die Leibchen der Spieler auszuhändigen. Es zeigt, wie viel Macht die Ultras in der Schweiz haben. Rietiker sagte am Montag an einer Pressekonferenz, dass er mit dieser Trikot-Aktion versucht habe, die Situation zu deeskalieren.

«Welche Massnahmen? Da bin ich überfragt»

«Dieser Wunsch nach Demütigung hat mich am meisten entsetzt und schockiert», sagt Liga-Präsident Heinrich Schifferle in einem Interview mit dem «Tagesanzeiger». Auch er ist der Meinung, dass polizeiliche Gewalt in dieser Situation das falsche Mittel gewesen wäre. «Wir hätten wüsteste Szenen riskiert.»

Es sind Worte, die vermuten lassen, dass der Schweizer Fussball den Fans ausgeliefert ist. Ihr Wort hat Gewicht. Und wenn ihre Wünsche nicht akzeptiert werden, gibt's Radau. «Es ist schwierig, hier eine Lösung zu finden. Die Fans haben Macht, das ist Fakt», konstatiert Schifferle. «Wer ein Spiel zum Abbruch führen will, der schafft das auch.»



Die Liga wolle den Vorfall nun analysieren und Massnahmen ergreifen. «Welche, da bin ich noch etwas überfragt», sagt Schifferle. Die Klubs fordern schon seit einiger Zeit, dass die Liga und der Fussballverband handeln. GC-Präsident Rietiker sagte am Montag: «Es kann nicht sein, dass Leute Straftaten begehen und ungeschoren davonkommen. In Deutschland, in den USA oder in England werden solche Leute im Kastenwagen abgeführt. Wir müssen jetzt Aktionen planen.» Gemäss Rietiker seien seine Spieler auch bedroht und erpresst worden.

Stadionverbote – aber wie weiter?

Schifferle gibt zu verstehen, dass man nun versuchen werde, die fehlbaren GC-Fans zu identifizieren und sie mit Stadionverboten zu belegen. «Dazu liefern wir der Justiz Informationen, um womöglich strafrechtlich und zivilrechtlich gegen sie vorzugehen», so der Liga-Boss. 

Einer, der bereits identifiziert wurde, ist Stefan N., ein bekannter Neonazi, der bereits in Sion an vorderster Front stand, als der damalige GC-Präsident Stephan Anliker vergeblich versucht hatte, einen Spielabbruch zu verhindern. «Den kennt man, der war nicht vermummt und bekommt umgehend Stadionverbot wegen Betreten des Stadionrasens», sagt Schifferle. Damit ist das Fan-Problem aber noch lange nicht gelöst.

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