Leithammel Kukuruzovic «Ich würde unglaublich gerne noch einmal einen Titel gewinnen»

Von Stefan Flückiger, Natalie Barros & Patrick Lämmle

21.11.2021

Lausanne-Captain Stjepan Kukuruzovic hofft auf bessere Zeiten.
Lausanne-Captain Stjepan Kukuruzovic hofft auf bessere Zeiten.
Bild: Getty

Er steht hin, wenn es wieder einmal eine Enttäuschung absetzt. In dieser Saison war das öfters der Fall, als ihm lieb ist. Die Rede ist von Lausannes Captain Stjepan Kukuruzovic. Wo tankt der 32-Jährige Kraft, was treibt ihn auf die Palme und welche Träume hat er noch?

Von Stefan Flückiger, Natalie Barros & Patrick Lämmle

21.11.2021

Kukuruzovic ist der Alpha-Wolf des jungen Lausanner Wolfsrudels. Im zentralen Mittelfeld zieht er die Fäden und mit fünf Torbeteiligungen ist er aktuell der beste Skorer seines Teams. Und doch hat man ihn in dieser Saison bei den zahlreichen Interviews nach Spielschluss kaum einmal lachen sehen. Bis zum 10. Spieltag musste Lausanne auf den 1. Sieg warten, bis zu diesem Zeitpunkt tönte es so: «Die Entwicklung ist da, aber irgendwann müssen Punkte her», «jeder muss mehr machen, so reicht das nicht», «wir müssen so schnell wie möglich den Tritt finden», «das Gegentor regt mich auf, ist billig hergeschenkt», «so eine Niederlage kannst du nicht einfach vergessen». Es muss frustrierend sein.

Zeit, sich mal mit Kukuruzovic abseits des Fussballplatzes zu unterhalten. Kann er überhaupt noch abschalten? «Ja, das gelingt mir am besten, wenn ich Zeit mit meiner Familie verbringe. Vor allem meine Tochter bringt mich auf andere Gedanken. Sie ist drei Jahre alt, da stehen Spiel und Spass jederzeit im Vordergrund.»

«Meine Frau und meine Tochter sind das Allerwichtigste für mich.»

Seine Familie, das wird schnell klar, ist ihm heilig. Sie ist seine Oase, wo er Kraft tanken kann: «Ich bin seit fast sechs Jahren glücklich verheiratet. Meine Frau und meine Tochter sind das Allerwichtigste für mich. Betreffend Regeneration hat sich natürlich etwas geändert mit einem Kind. Da meine Frau mich aber immer zu hundert Prozent unterstützt, kann ich mich vor und nach den Spielen immer gut erholen. Aber unsere Tochter ist der Mittelpunkt unseres Lebens, da nimmt man auch mal die eine oder andere Stunde weniger Schlaf gerne auf sich.»

Seit 2018 spielt Kukuruzovic in Lausanne, ist in die Super League aufgestiegen und die erste Saison im Oberhaus beendete sein Team im letzten Sommer auf dem 6. Rang. In Lausanne gefalle es ihm sehr gut: «Da ist der schöne Lac Léman, man kann schöne Spaziergänge in der Natur machen und es gibt zahlreiche Spielplätze. Da ist für jeden etwas dabei.» Schon steht da wieder die Familie im Zentrum. Auch wenn man ihn auf seine Hobbys anspricht, dann kommt als Antwort: «Hauptsache, ich kann Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden verbringen.»

Im Sommer 2020 macht Lausanne den Aufstieg in die Super League perfekt: Stjepan Kukuruzovic stemmt den Pokal des Challenge-League-Meisters in die Höhe.
Im Sommer 2020 macht Lausanne den Aufstieg in die Super League perfekt: Stjepan Kukuruzovic stemmt den Pokal des Challenge-League-Meisters in die Höhe.
Bild: Keystone

Will man Kukuruzovic aus der Reserve locken, so hat man einen schweren Stand. Gibt es etwas, was Sie rückblickend bereuen, etwas worauf Sie so gar nicht stolz sind? «Ich habe sicher meine Fehler gemacht, aber das gehört zum Leben dazu. Am Ende helfen sie, uns weiterzuentwickeln», kommt es zurück. Gibt es etwas, das ihn richtig auf die Palme bringt? «Ärgern kann man mich mit Ungerechtigkeiten und Respektlosigkeiten.»

«Ich habe gelernt, nicht zu weit nach vorne zu schauen. Ich lasse es auf mich zukommen. Mit dieser Einstellung bin ich bis jetzt gut gefahren.»

Gerne würde man tiefer graben, ihm mehr entlocken. Doch vielleicht sind es gerade diese Eigenschaften, die ihn zu einem Leader machen. Er hat diesen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, steht mit beiden Beinen auf dem Boden, ist ein vorzüglicher Teamplayer und geht doch als Leader voran. Die Jungen – und davon gibt es viele in Lausanne – können sich von ihm eine Menge abschauen. Fussballerisch, aber auch menschlich.

So heilig ihm seine Familie ist, so sehr brennt er noch immer für den Fussball. Wovon träumen Sie, wollen wir von Kukuruzovic wissen. «Ich würde unglaublich gerne noch einmal einen Titel gewinnen. Und an einem europäischen Wettbewerb teilnehmen, das wäre wirklich schön.» Nun gut, den Meistertitel wird er mit Lausanne kaum ins Visier nehmen können, viel mehr gilt es den Abstieg zu verhindern. Im Cup allerdings, da scheint tatsächlich noch alles möglich. Im Viertelfinal im Februar des kommenden Jahres heisst der nächste Gegner Yverdon. Und mit St. Gallen, Luzern und Lugano sind nur noch drei weitere Teams aus der Super League vertreten. Lausanne braucht sich bei diesem Teilnehmerfeld nicht verstecken.

Wie es nach seiner Karriere weiter geht, darüber macht er sich noch keine grossen Gedanken. Warum auch, noch ist er gut im Schuss. «Ich habe gelernt, nicht zu weit nach vorne zu schauen. Ich lasse es auf mich zukommen. Mit dieser Einstellung bin ich bis jetzt gut gefahren.»


Stjepan Kukuruzovic' Karriere

Seine Profikarriere lanciert der in der Schweiz geborene Sohn kroatischer Einwanderer beim FC Thun. Mit 19 debütiert er in der Challenge League und bereits in seiner zweiten Saison führt kein Weg an ihm vorbei. Auch dank ihm schafft der FC Thun 2010 den Wiederaufstieg in die Super League.

Es folgt der Wechsel zum FC Zürich, wo er in seiner Anfangszeit von Urs Fischer gefördert wird. An den FCZ hat er nicht nur gute Erinnerungen, denn wenn man ihn auf seine bitterste Niederlage als Profi anspricht, dann schiesst es aus ihm: «15.5.2011, 1:3-Niederlage gegen GC.» In der drittletzten Runde verlieren die Zürcher damals die Tabellenführung an Basel und den Rückstand können sie nicht mehr aufholen.

Vielleicht hätte Kukuruzovic eine noch grössere Karriere eingeschlagen, hätte er sich am 13. August 2011 nicht das Kreuzband gerissen. Seine einzige Station im Ausland, mal abgesehen von seinem zweijährigen Engagement in Vaduz, bleibt jene in Ungarn bei Ferencvaros (2014/15). «Die Zeit in Ungarn war speziell. In einem fremden Land zu sein, ganz auf mich selbst gestellt, das war schon eine spannende Zeit. Und die Stadt und der Verein haben mir sehr gefallen. Dennoch war ich froh, wieder zurück in die Schweiz zu kommen. Auch wenn ich nur ein Jahr im Ausland war, lernt man das Leben in der Schweiz und das Leben in der Nähe seiner Liebsten noch mehr zu schätzen», sagt er rückblickend.

2018 wechselt er von St. Gallen zu Lausanne in die Challenge League. Platz 3 in der ersten Saison, Aufstieg in der zweiten. In der dritten hält Lausanne gut mit und beendet die Saison im 6. Rang. Der Start in die aktuelle Saison verläuft harzig, aber noch ist es zu früh, um Bilanz zu ziehen. Abgerechnet wird Ende Saison.