Fussball-Talk Heimspiel VAR-Debatte: Hat der Videoassistent zu viel Macht?

Jan Arnet

22.7.2019

Mit der Einführung des Videoassistenten hat man sich erhofft, dass Fehlentscheide minimiert werden. Doch schon am ersten Spieltag der neuen Super-League-Saison sorgt ein umstrittener Schiedsrichter-Entscheid für Diskussionen. Auch im Teleclub Fussball-Talk Heimspiel.

Endlich ist er auch in der Schweiz im Einsatz: Der Videoassistent, der VAR, der dem Schiedsrichter das Leben auf dem Platz einfacher machen soll. Bereits am ersten Super-League-Spieltag kommt der Videobeweis mehrfach zum Einsatz – und er zeigt auch gleich Vor- und Nachteile auf.

Am Freitag ist Sandro Schärer wohl sehr froh über die Einführung des VAR, so kann er seinen krassen Fehlentscheid im Spiel zwischen Sion und Basel (1:4) korrigieren: Schärer entscheidet nach einem Zusammenprall im FCB-Strafraum zunächst auf Penalty, Basel-Goalie Jonas Omlin ist aber klar zuerst am Ball.

Der Unparteiische schaut sich die Szene nochmals an und nimmt dann seinen Entscheid zurück. «Das war ein Fehlentscheid, wie ich ihn noch selten gesehen habe. So ist der VAR positiv», sagt «Blick»-Fussballreporter Michael Wegmann im Teleclub Fussball-Talk Heimspiel.

Weniger «Glück» hat Lionel Tschudi. Der 30-jährige Schiedsrichter ist in St. Gallen im Einsatz und leitet die Partie zwischen dem FCSG und Luzern. Als in der 16. Minute St. Gallens Axel Bakayoko nach einem Zweikampf mit Lazar Cirkovic zu Boden geht, entscheidet Tschudi auf Elfmeter. Auch hier schaltet sich der Videoassistent ein und legt dem Unparteiischen nahe, sich das Ganze noch einmal anzuschauen. Weil auf den TV-Bildern keine Berührung zu sehen ist, entscheidet sich Tschudi um und zeigt Bakayoko Gelb für Schwalbe (s. Video oben).

Hat der Videoassistent zu viel Macht?

Ein Entscheid, der für Diskussionen sorgt – auch weil nicht gänzlich auszuschliessen ist, dass Cirkovic den FCSG-Flügel mit seiner rüden Grätsche tatsächlich berührt hat. «Die Frage ist, ob es wirklich entscheidend ist, dass der Verteidiger den Stürmer berührt. Wenn der Stürmer stehen bleibt, springt er ja nicht auf und wird getroffen. Er muss ja hochspringen, damit er den Schlag nicht abkriegt», meint Ex-Luzern-Trainer René Weiler. «Eine heikle Sache. Aus meiner Sicht dürfte der Mann im Studio nicht aktiv werden.»

Weiler stellt sich die Frage, wer nun wirklich verantwortlich für das Geschehen auf dem Platz ist: «Es ist Ermessenssache des Schiedsrichters. Er muss entscheiden, ob er sich die Szene noch einmal anschauen will oder nicht. In diesem Fall glaube ich nicht, dass er das tun wollte, er stand ja fünf Meter daneben. Aber ich habe gehört, dass er ein Zeichen aus dem Studio erhalten hat.» Und so sei es dann für den Unparteiischen schwierig gewesen, bei seinem Entscheid zu bleiben.

Liegt die Entscheidungshoheit wirklich noch beim Schiedsrichter? Auch Teleclub-Experte Marcel Reif hat seine Zweifel: «Er (Tschudi, Anm. d. Red.) ist noch ein junger Schiedsrichter und er wird von einem erfahreneren, der unten im Keller sitzt, an den Bildschirm geholt. Obwohl nirgends zu sehen ist, ob nun eine Berührung stattgefunden hat oder nicht. Und dann korrigiert er sich, nachdem er die Szene selber aus fünf Meter Entfernung bewertet hat. Wenn du das so anwendest, wird der VAR völlig zum Unsinn degradiert und der Schiedsrichter wird entmachtet. Genau das, was der VAR niemals sollte.»

«Es war ein Entscheid im Graubereich»

Bleibt die Frage, wie die Reaktionen ausgefallen wären, wäre Tschudi bei seinem Entscheid geblieben und hätte den Penalty gegeben. «Ich glaube, dann würden wir den Schiedsrichter jetzt loben», meint Wegmann. «Es geht ja nicht darum, ob das ein Foul war oder nicht. Denn er hat seine Argumente für einen Penalty gehabt. Genauso wie es Argumente gegen einen Pfiff gibt. Es war ein Entscheid im Graubereich und wäre er dabei geblieben, hätte er nichts falsch gemacht.»

Wenn der VAR eingreife, müsse es eindeutig sein, meint auch Marcel Reif: «Lieber quatscht er dem Schiedsrichter einmal weniger rein als zu viel. Sonst werden wir ja noch verrückt.»

Die ganze Sendung zum Nachschauen


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