FCB-Trainer Marcel Koller verrät in einem Interview, wie er sich die Zeit während der Corona-Krise vertreibt. Ausserdem spricht er über die positiven Folgen der Krise und fragt sich, was man danach womöglich ändern sollte.
Am Donnerstag liess der Bundesrat das verlauten, worauf so viele Menschen in den letzten Wochen gewartet haben: Seinen Plan, wie die Schweiz Schritt für Schritt wieder zur Normalität zurückkehren soll. Nur: Wie es mit dem Sport und der aktuellen Super-League-Saison weitergehen soll, bleibt unklar. Klar dürfte mittlerweile nur sein, dass die Wiederaufnahme des Spielbetriebs frühestens im Juni möglich ist.
Das ist ein Dämpfer für alle Fans, die den Fussball sehnlichst vermissen. Und natürlich auch für die Sportler selbst. Auch Basel-Trainer Marcel Koller fehlt sein Fussball-Alltag, wie er im Interview mit «Watson» verrät. Der Coach versucht aber, das Beste aus der Situation zu machen.
«Natürlich habe ich die Zeit jetzt auch genutzt, um Gegner zu analysieren. Würde der Spielplan so nachgeholt werden, wie er angedacht war, dann bin ich vorbereitet», sagt Koller. «Und ich merke auch an mir selber, dass ich wieder parat wäre. Es könnte wieder losgehen, die Energie ist wieder da.»
Er mache sich auch Gedanken, was er im eigenen Spiel verändern könnte, studiert an der Taktik und der Spielausrichtung herum. Oder denkt an die aktuell verletzten Spieler, die vielleicht wieder gesund sind, wenn der Ball wieder rollt. «Oder man überlegt, wie man helfen kann. Ich habe natürlich mitgemacht bei der Spendenaktion der Spieler», so der FCB-Trainer.
«In die Thematik der Lohnkürzungen bin ich nicht involviert»
Die Basel-Profis haben Anfang Monat einen substanziellen Betrag an die Stiftung Pro UKBB (Universitäts-Kinderspital beider Basler Kantone) und an die Glückskette Schweiz gespendet. Trotzdem liefert sich das Team mit der Vereinsführung seit Tagen eine mediale Schlammschlacht, weil die Spieler Medienberichten zufolge nicht auf so viel Lohn verzichten wollen, wie dies der Verein gerne hätte.
Koller sagt, dass er in die Thematik der Lohnkürzungen nicht involviert sei: «Involviert nicht, nein, aber ich bin informiert worden. Die Diskussionen laufen ja auch noch. Für mich ist es klar, dass man sich solche Überlegungen auch machen und sie diskutieren muss. Das ist selbstverständlich.»
Der 59-Jährige muss sich womöglich bald selbst Gedanken um seine Einnahmen machen – Kollers Vertrag läuft am 30. Juni aus. «Ich mache mir keine Gedanken, da die Situation unverändert ist. Ich warte ab, auch was der Bundesrat jetzt entscheidet und wann wieder gespielt werden kann», meint er. «Um über mich und wie es mit mir weitergehen wird, zu spekulieren, dafür habe ich zu viel Erfahrung und dazu ist die Situation zu aussergewöhnlich.»
«Wollen wir so weiter machen wie vorher?»
Wie wird sich die Corona-Krise auf den Fussball auswirken? Das fragt sich auch Marcel Koller, der jedoch auch hinterfragt, ob zuvor alles so lief, wie es laufen sollte. «Man muss sich fragen, ob es richtig ist, dass alles so hochgepusht wird. Das ist etwas, über das alle nachdenken müssen», sagt er – und meint damit nicht nur den Fussball.
Die Welt werde feststellen, was passiert, wenn man mal auf die Bremsen tritt. «Es gibt die eine oder andere Stadt, in der man plötzlich wieder einige Meter weiter sieht, weil die Abgase weniger geworden sind. Im Meer kommen plötzlich Tiere hervor oder in Venedig werden in den Kanälen Delphine gesichtet. Dann muss man sich fragen: Wollen wir so weiter machen wie vorher, oder gibt es machbare Alternativen?»
Koller spricht die Dinge an, die er in dieser Zeit bewusster schätze. Etwa die Natur. «Im Alltag in der Stadt sind alle hektisch und nervös, merken dies aber gar nicht und nehmen folglich keine Rücksicht mehr. Jeder geht seinen Weg, weil er denkt, dass dieser richtig ist. Dabei wäre es wichtig, mehr Sorge zu halten und einen respektvolleren Umgang zu pflegen», appelliert der Basel-Trainer. «Ich hoffe wirklich, dass dies nach dem Ende der Krise nicht nur ein oder zwei Wochen anhält, sondern über einen längeren Zeitraum.»