Drei Jahre nach dem Rücktritt, Teil 1 Alain Rochat: «Mein Leben als Fussballer war von heute auf morgen vorbei»

Von Marcel Allemann

20.12.2021

Rochat: «Ich brauchte ein paar Monate um zu realisieren, dass es mit dem Fussball fertig ist»

Rochat: «Ich brauchte ein paar Monate um zu realisieren, dass es mit dem Fussball fertig ist»

Vor drei Jahren hat Alain Rochat seine Karriere als Fussballer beendet. Im Interview blickt der heutige Banker und blue-Experte zurück und erzählt, wie rasch er im Leben danach Fuss fassen konnte.

22.11.2021

Was haben Alain Rochat, Mathias Seger, Denise Feierabend, Martina Kocher und Matthias Sempach gemeinsam? Sie erklärten alle 2018 ihren Rücktritt vom Spitzensport. Bei blue News blicken sie zurück und erzählen, wie sie sich im Leben nach dem Sport zurechtgefunden haben. 

Von Marcel Allemann

20.12.2021

Heute: Fussballer Alain Rochat

Alain Rochat blickt auf eine lange Karriere als Fussballprofi zurück.
Alain Rochat blickt auf eine lange Karriere als Fussballprofi zurück.
Bild: Keystone

Alain Rochat (38) war Fussball-Profi bei Yverdon, YB, Rennes, dem FCZ, Vancouver, D.C. United und Lausanne.
2007 und 2009 wurde er Meister mit dem FCZ, er bestritt ein Länderspiel für die Schweiz.
Heute ist er Kundenberater auf der Raiffeisen-Bank.

«Ich war gut auf meinen Rücktritt vorbereitet und habe mich auch vorzeitig damit befasst, was es für mich für Möglichkeiten gibt und mich entsprechend orientiert. Zuletzt habe ich bei Lausanne gespielt und hatte die spezielle Situation, dass mein Vertrag ausläuft, wenn wir aus der Super League absteigen, aber noch ein Jahr weiterläuft, wenn wir den Ligaerhalt schaffen. Wir sind dann abgestiegen und so war mein Leben als Fussballprofi von heute auf morgen vorbei.

Zum Abschluss seiner Karriere musste Alain Rochat mit Lausanne absteigen.
Zum Abschluss seiner Karriere musste Alain Rochat mit Lausanne absteigen.
Bild: Keystone

Der Abstieg war zwar bitter, aber mit dem Umstand, dass meine Karriere nun Geschichte ist, konnte ich gut leben. Abstiege gehören halt zum Sport dazu und bei mir sowieso – ich bin jeweils in meinem ersten Profijahr abgestiegen und in meinem letzten.

«Mit dem Fussball aufzuhören, kann schon kompliziert sein»

Ursprünglich wollte ich dann ein paar Monate Pause machen, ehe ich meine Zukunft im Detail angehe. Doch bereits im Juli ist jemand von der Raiffeisen-Bank auf mich zugekommen, dass sie in der Niederlassung in Yverdon jemanden suchen würden und dass dies doch etwas für mich wäre. Im August wurde dies dann konkret und den neuen Job habe ich dann am 1. November angetreten und mittlerweile bin ich seit drei Jahren da. Zunächst habe ich im Marketing gearbeitet und begleitend dazu das Bank-Diplom abgeschlossen.

Da ich vor meiner Profi-Karriere als Fussballer die Matura gemacht habe, konnte ich diese Lehre während eines statt wie sonst üblich in drei Jahren machen. Inzwischen bin ich seit anderthalb Jahren hauptsächlich als Kundenberater tätig. Mein neues Leben gefällt mir sehr, ich habe in den letzten drei Jahren enorm viel gelernt und lerne noch immer jeden Tag viel dazu.

Während drei Jahren spielte Alain Rochat (l.) auch in der amerikanischen Major League Soccer für die Vancouver Whitecaps (Bild) und D.C. United.
Während drei Jahren spielte Alain Rochat (l.) auch in der amerikanischen Major League Soccer für die Vancouver Whitecaps (Bild) und D.C. United.
Bild: Keystone

Mit dem Fussball aufzuhören, kann schon kompliziert sein. Es fällt plötzlich etwas weg, das du zuvor so sehr geliebt hast und ein so wichtiger Teil deines Lebens war. Ich weiss, dass ich Glück hatte und es nicht bei allen Fussballern nach der Karriere so reibungslos verläuft wie jetzt bei mir.

Ich kenne solche, die nach ihrer Aktivzeit Probleme hatten, in das Leben danach zu finden und länger arbeitslos waren. Sie konnten zum Teil auch nicht wie ich selbst entscheiden, wann sie aufhören wollen, sondern wurden wegen einer Verletzung oder weil sie keinen Vertrag mehr erhielten, mehr oder weniger dazu gezwungen. Für mich war es immer wichtig, einen Plan für die Zeit danach zu haben.

«Als die Kinder eingeschult wurden, war es nicht mehr so toll»

Am meisten vermisse ich aus meinem Fussballer-Leben die gemeinsame Zeit mit den Mitspielern in der Garderobe, mit ihnen etwas erreichen zu können und wollen. Dafür, für diese spezielle Atmosphäre und diese Emotionen, habe ich den Fussball geliebt. Gar nicht vermisse ich dagegen, in der aktuellen Jahreszeit, wenn es kalt ist, draussen trainieren zu müssen. Auch diese Trainingslager-Reisen irgendwohin in die Provinz fehlen mir überhaupt nicht.

Alain Rochat (r., hier während seiner Zeit bei YB) ist froh, dass er bei diesen Witterungsbedingungen nicht mehr vollen Einsatz zeigen muss.
Alain Rochat (r., hier während seiner Zeit bei YB) ist froh, dass er bei diesen Witterungsbedingungen nicht mehr vollen Einsatz zeigen muss.
Bild: Keystone

Das jetzige Leben ist auch viel besser auf unser Familienleben zugeschnitten, was für mich Lebensqualität bedeutet. Jetzt habe ich am Wochenende frei und ich kann Ferien nehmen, wann ich will, es ist nicht mehr vom Fussball abhängig. Als meine Kinder noch klein waren, war es perfekt Fussballprofi zu sein, denn dadurch konnte ich mehr Zeit mit ihnen verbringen, als es für einen gewöhnlichen Familienvater üblich ist.

Doch als die Kinder dann eingeschult wurden, war es nicht mehr so toll. Unter der Woche waren sie tagsüber in der Schule und ich oft Zuhause und am Wochenende, wenn sie frei hatten, war ich wegen dem Fussball weg. Da spürte ich, dass es allmählich Zeit wird, aufzuhören.

«Der Fussball hat mich Disziplin, Pünktlichkeit und den Teamgedanken gelehrt»

Ein grosses Highlight meiner Karriere waren die beiden Meistertitel mit dem FC Zürich. Mit einigen Spielern von damals habe ich noch immer Kontakt. So habe ich kürzlich Daniel Stucki in Basel besucht, auch von Florian Stahel höre ich gelegentlich und auch die Kontakte zu den anderen Romands, die damals beim FCZ spielten, Steve von Bergen, Xavier Margairaz oder auch Alexandre Alphonse sind geblieben.

Alain Rochat (l.) wurde mit dem FCZ zwei Mal Meister, auch heute noch hat er regelmässig Kontakt mit Mitspielern von damals.
Alain Rochat (l.) wurde mit dem FCZ zwei Mal Meister, auch heute noch hat er regelmässig Kontakt mit Mitspielern von damals.
Bild: Keystone

Mit dem Fussball bin ich noch immer stark verbunden, denn meine beiden Söhne spielen beide und nach zwei Jahren Pause habe auch ich bei den Senioren meines Heimatvereins FC Grandson-Tuileries wieder selbst angefangen zu kicken. Auch habe ich die ersten Trainer-Kurse absolviert, das ist schon etwas, das mich interessiert. Daneben bin ich regelmässig für das Westschweizer blue in der Super League als TV-Experte im Einsatz, dadurch auch regelmässig im Stadion und das geniesse ich sehr.

Wichtige Tugenden, die ich aus meiner Zeit als Fussballer in mein heutiges Berufsleben mitgenommen habe, sind vor allem Disziplin und Pünktlichkeit, aber auch der Teamgedanke. Wenn ein Arbeitskollege ein Problem hat, dann versuche ich ihm zu helfen, auch wenn es eigentlich nicht meinen Zuständigkeitsbereich betrifft. Das ist wie im Fussball – das Verteidigen ist auch nicht der Job des Stürmers, braucht es gelegentlich aber auch. Dass ich diese Flexibilität habe, ist in meinem Geschäftsumfeld sehr willkommen.»

Alain Rochat hat das Fussball-Trikot gegen den Banker-Anzug eingetauscht.
Alain Rochat hat das Fussball-Trikot gegen den Banker-Anzug eingetauscht.
Bild: Raiffeisen