Grossanlässe im Sport sind in der Schweiz ab dem 1. Oktober unter bestimmten Auflagen wieder erlaubt. Die Zeitungen verstehen das als positives Signal, heben aber auch den Mahnfinger. Eine Presseschau.
«Der Bundesrat hat erneut ein gutes Signal ausgesendet. Gerade für den Sport und die Unterhaltungsbranche gibt es weitere Morgenröte am Horizont», schreibt «Blick»-Sportchef Felix Bingesser in seinem Kommentar. Zwar seien «die Löcher in den Kassen nicht gestopft», aber «der Weg aus der Sackgasse ist geebnet». Für Bingesser ist aber klar: «Der Bundesrat kann entscheiden, was er will. Am Ende wird nur das eigenverantwortliche und vernünftige Handeln der Menschen zielführend sein. Es liegt nun an den Klubs und den Fans, mit ihrem Verhalten den Vertrauensvorschuss zurückzuzahlen. Damit man nicht plötzlich wieder zwei Schritte retour machen muss.»
«Die Schweiz war eines der ersten Länder, das Ende Februar die Obergrenze von 1'000 Besuchern für Grossveranstaltungen einführte. Nun schreitet sie bei der Öffnung für Sportanlässe voran. Es ist ein Experiment mit ungewissem Ausgang», ist im «Tages-Anzeiger» zu lesen. Weil es keine Studien gebe, wie sich das Coronavirus bei Sportevents mit Maskenpflicht verbreitet, sei es «der Tanz mit dem Tiger». Die Klubs seien jetzt gefordert: «Wer sich nicht an die Maskenpflicht, die Abstandsregeln oder die korrekte Angabe der Kontaktdaten hält, soll mit einem Stadionverbot belegt werden. Da kann es nur eine Nulltoleranz-Strategie geben.»
Wichtig für die Profiligen und Klubs sei nun die angebotene Bundeshilfe, die bei der ersten Prüfung durchgefallen ist, schreibt die NZZ. «Bundesrat und Parlament hatten im Mai ein Hilfspaket in Höhe von 350 Millionen Franken geschnürt und verabschiedet. Doch das war an rigide Auflagen wie eine Solidarhaftung gebunden. Weder die Fussball- noch die Eishockeyliga haben die entsprechende Vereinbarung danach unterschrieben.» Um drohende Konkurse abzuwenden, müssten die Bedingungen für die Kredite im Profisport angepasst werden.
Nicht nur der Fussball und das Eishockey würden vom Entscheid des Bundesrats profitieren, sondern auch andere Grossanlässe wie der Engadiner Skimarathon, das Lauberhornrennen oder das Skispringen in Engelberg, meint die NZZ zudem. «Lebensnotwendig sind solche Anlässe natürlich nicht. Doch sie decken die menschlichen Bedürfnisse nach Austausch und sozialen Kontakten, nach Unterhaltung und Emotionen ab.» Das sei gut für das Gemüt, gerade auch nach den schwierigen Wochen im Frühling. Die NZZ hätte in den Stadien allerdings ein generelles Alkoholverbot begrüsst: «Die enthemmende Wirkung von Alkohol wirkt der Einhaltung der Schutzkonzepte entgegen. Der Bundesrat übergibt die Verantwortung mit einer schwammigen Regelung den Kantonen.»
«Die Sportstadien dürfen wieder bis zu zwei Drittel gefüllt sein. Ein mutiger, aber richtiger Entscheid», meint François Schmid-Bechtel in der «Aargauer Zeitung». «Der Bundesrat lanciert den Schweizer Profisport mit einem Steilpass vom Allerfeinsten.» Der Entscheid sei nicht nur mutig, sondern auch richtig. «Einerseits hat sich der Profisport zu einem wichtigen Wirtschaftszweig entwickelt, den man nicht bedenkenlos opfern sollte. Andererseits wünscht man sich vielerorts eine sukzessive Rückkehr zur Normalität. Dies ist nun ein grosser Schritt in diese Richtung.»
Die «Aargauer Zeitung» sieht aber auch die entstehenden Probleme der Massnahmen und im Fussball den FC Aarau und den FC Winterthur als die grossen Verlierer des Bundesratsentscheids. Weil nur Sitzplätze und keine Stehplätze erlaubt sind. «Beide Klubs verzeichnen pro Saison einen Zuschauerschnitt von weit über 3'000, verfügen in ihren Stadien aber nur über 1'187 (Aarau) bzw. 1'700 (Winterthur) Sitzplätze.» Um das Problem zu lösen, wäre in Aarau ein Umbau des Brügglifelds und dafür die Bewilligung der Behörden erforderlich. «Am Willen und am Geld wird es nicht scheitern – doch wenn sich die Hürden als zu hoch herausstellen, muss der FCA für sich weiterhin die 1'000er-Grenze ziehen.»