GC-Präsident Rietiker GC-Präsident Rietiker: «Die Aktion mit den Trikots war kein Kniefall, sondern Deeskalation»

jar

13.5.2019

Am Tag nach dem Skandalspiel in Luzern aus der Super League treten GC-Präsident Stephan Rietiker und Trainer Uli Forte vor die Medien und sprechen über den ersten Hoppers-Abstieg seit 1949.

Passend zur verkorksten Saison beginnt die GC-Pressekonferenz mit einem Patzer: Der Medienchef stellt den Präsidenten als «Stephan Anliker» vor. Stephan Rietiker, der eigentlich gemeint war, übernimmt das Wort und spricht in den folgenen Minuten über den skandalösen Spielabbruch vom Sonntag, das «Projekt Wiederaufstieg» und die geplanten Umstrukturierungen im Verein. 


Stephan Rietiker über...

... den Abstieg der Grasshoppers:

«Ein denkwürdiger Tag. Es ist Zeit, dass wir Klartext reden. Wir haben jetzt Klarheit, wie es weitergeht. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass wir absteigen müssen. Das gibt uns die Gelegenheit, ein paar alte Zöpfe abzuschneiden und uns neu zu strukturieren.»

... den Spielabbruch in Luzern:

«Ich sass gemeinsam mit dem Präsidenten des FC Luzern in der Loge. Als die ersten Hooligans über den Zaun stiegen, hiess es schnell: 'Da sind wieder die unanständigen Zürcher'. Einer hat gesagt: 'Erschiesst die doch'. Für mich ist klar gewesen, dass ich runter muss. Die Aktion mit den Trikots war kein Kniefall, sondern eine Deeskalation der Situation. Damit es keine Eskalation gibt. Es war nicht einfach, die Leute waren sehr emotional. Sie wollten, dass sich die Spieler nackt ausziehen.»

«Ich musste mir überlegen, was wir jetzt machen. Es wurden klare Drohungen ausgesprochen. Wir haben dann entschieden, die Trikots zu bringen, weil wir uns auch darin erinnert haben, was vor drei Jahren beim FC Zürich passiert ist. Man kann mich als Weichei betiteln, aber das bin ich nicht. Ich habe unter Druck entschieden, dass wir das (mit den Trikots, Anm. d. Red.) machen. Der FC Luzern war dankbar, da wir so den Konflikt lösen konnten. Ansonsten hätten wir die Hooligans womöglich in der Kabine gehabt und es wären noch Unschuldige zu Schaden gekommen. Auch ich schäme mich für dieses Verhalten, aber wir mussten irgendetwas machen.»

... seine Forderung im Kampf gegen Fan-Ausschreitungen:

«Ich lehne Gewalt im Sport in aller Form ab – kompromisslos. Wir wollen in Zukunft herausfinden, wer die richtigen Fans und wer die Chaoten sind. Wir brauchen die Fans mehr denn je, aber wir brauchen keine Chaoten, die uns Steine in den Weg legen.»

«Bei uns werden schnelle Autofahrer härter bestraft als solche Kriminelle. Es ist nicht nur ein politisches, sondern auch ein gesellschaftliches Problem. Politik, Liga und Klubs müssen eine Lösung finden. Es kann nicht sein, dass Leute Straftaten begehen und ungeschoren davonkommen. In Deutschland, in den USA oder in England werden solche Leute im Kastenwagen abgeführt. Wir müssen jetzt Aktionen planen.»

... die Zukunft der Grasshoppers:

«Mir war von Anfang an bewusst, dass wir absteigen können. Wir brauchen jetzt externe Expertisen. Deshalb haben wir die besten geholt, die Leute aus Basel: Bernhard Heusler, Georg Heitz und Matthieu Jaus. Wenn wir im Profifussball bleiben wollen, müssen wir umdenken. Wir müssen die Campus-Kosten anschauen. Es ist ein Super-Produkt, aber am Ende fehlen uns 1,1 Millionen Franken. Der FCZ zahlt 60'000 Franken. Können wir uns das leisten? Das müssen wir hinterfragen.»

«Und wir müssen neue Sponsoren finden. Ich verstehe die Situation als Aufbruch, wir müssen uns reformieren. Ich bin der Meinung, dass wir Profis am Werk brauchen. Das 'Wursteln' muss aufhören, wir müssen wissen, wie wir finanziell dastehen und das Beste herausholen. Ob das Budget auch nächste Saison 20 Millionen Franken betragen wird, weiss ich noch nicht. Wir wollen mit so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig in die neue Spielzeit gehen. Der sofortige Wiederaufstieg ist das klare Ziel. Uli Forte ist selbstverständlich der richtige Trainer dafür.»

Uli Forte über...

... den besiegelten Abstieg:

«Ein dunkler Tag für den ganzen Schweizer Fussball. Die Chance auf den Ligaerhalt war klein, das wussten wir. Aber wir wollten im Rennen bleiben. Die Chance war schon klein, als ich gekommen bin. Jetzt ist Plan B eingetroffen, GC muss nächste Saison in der Challenge League spielen. Qualität war nicht vorhanden, um den Ligaerhalt zu schaffen. Es sind zwar gute Einzelspieler, aber wir müssen wieder eine Mannschaft werden. 39 eingesetzte Spieler in einer Saison sind zu viel.»

... das Ziel Wiederaufstieg:

«Die Saison ist leider noch nicht vorbei. Ich will in den letzten drei Spielen herausfinden, welche Spieler im 'Projekt Wiederaufstieg' dabei sein können und welche nicht. GC gehört in die Super League. Wir müssen alles dafür tun, um dieses Ziel zu erreichen.»

... seine Vergangenheit:

«Ich habe das Gleiche schon vor drei Jahren beim FCZ erlebt. Die Energie ist auch jetzt da. Ich kenne die Situation, es braucht einfach Leistungen. Ich will die Sache mit den Fans aus dem Weg räumen, das ist jetzt sechs Jahre her. Aber wenn die Fans nicht mit mir sprechen wollen, ist das auch in Ordnung für mich.»



«Chaoten und Randalierer sind keine Fans»

Der Klub hatte sich bereits am Sonntag nach dem Spiel zu den Fan-Ausschreitungen geäussert. «Das ist beschämend und schlicht inakzeptabel. Die Gefährdung von Zuschauern, Stadionpersonal und Spielern nimmt der Grasshopper Club Zürich nicht hin», schrieben die Hoppers in einer Mitteilung

Der Verein habe Verständnis für die Frustration über die sportlichen Leistungen der Mannschaft. Aber GC «will keine Chaoten und duldet kein unsportliches Verhalten an den Meisterschaftsspielen», heisst es im Statement weiter. «Die neue Klubleitung hat wiederholt betont, dass sie den Dialog mit allen Fan-Gruppierungen sucht und pflegt. Chaoten und Randalierer aber sind keine Fans.»

Weil die Situation in Luzern zu eskalieren drohte, habe man entschieden, der Kurve die Trikots der Spieler zu übergeben. «Die Entscheidung bedeutet nicht, dass wir damit das unsportliche und menschlich fragwürdige Verhalten gutheissen», schreibt der Verein und startet einen Hilferuf: «Der Grasshopper Club Zürich fordert die Justiz, Polizei, den SFV und auch die Liga auf, jetzt ebenfalls ernsthaft über die Bücher zu gehen. Man kann die Klubs – und es betrifft dabei nicht nur GC in der Schweiz – in dieser Situation nicht alleine lassen.»

Die Videos zur Schande von Luzern

Zurück zur StartseiteZurück zum Sport