Fussball-Talk Heimspiel Sion-Rekordtorschütze Brigger: «Mein Pech war, dass Constantin kam»

jar

26.4.2021

Im Fussball-Talk «Heimspiel» ist der stark abstiegsbedrohte FC Sion das Thema. Klub-Rekordtorschütze Jean-Paul Brigger und Ex-Sion-Spieler Kay Voser gewähren auch einen Einblick in die Zusammenarbeit mit Präsident Christian Constantin.

Nach der 1:2-Niederlage bei YB hat der FC Sion fünf Runden vor Schluss weiter fünf Punkte Rückstand aufs rettende Ufer und deren drei auf den Barrage-Platz. Auch der neue Trainer Marco Walker konnte die grosse Wende noch nicht bewerkstelligen, holte in sechs Spielen nur fünf Punkte.

Nun muss ein Schlussspurt folgen, ansonsten wird es dieses Jahr nichts mit dem Klassenerhalt für die Walliser – und Christian Constantin dürfte mal wieder den Trainer austauschen. Weit mehr als 50-mal hat er das in seiner Amtszeit als Sion-Präsident schon gemacht.

Sein allererstes «Opfer» war Jean-Paul Brigger im Dezember 1992. «Das kann man so sagen», schmunzelt Brigger im «blue»-Fussball-Talk «Heimspiel». Der Rekordtorschütze des Klubs (114 Tore) feierte im Sommer 1992 als Spieler mit Sion den allerersten Meistertitel, beendete dann gleich seine Aktivkarriere und übernahm das Team als Trainer. Engagiert wurde Brigger noch von Constantins Vorgänger André Luisier.

«Mein Pech war es, dass es gleich einen neuen Präsidenten gab – und das war Constantin. So trafen zwei Kometen, die vom Himmel gefallen sind, aufeinander. Von Anfang an hat das immer gebrodelt», erinnert sich der heute 63-Jährige. In der Winterpause musste Trainer Brigger dann – auf Platz 3 stehend – seine sieben Sachen packen.

«Auch die Spieler wissen, dass sie schnell weg sein können»

Nun, in all den Jahren hat sich beim FC Sion nicht allzu viel geändert. Noch immer ist Constantin (nach einer Auszeit zwischen 1998 und 2002) der mächtige Mann im Wallis. Und noch immer entlässt er den Trainer lieber zu früh als zu spät. 

Zu Gast im «Heimspiel» ist auch Kay Voser, der 2016 ebenfalls für ein halbes Jahr in Sion unter Vertrag stand. Der frühere Verteidiger kritisiert nicht nur Constantins Trainerverschleiss. «Das Problem im Wallis ist auch, dass jedes Jahr zehn neue Spieler kommen und zehn wieder gehen. Auch für die Spieler ist das ein zusätzlicher Druck, weil sie wissen, dass nicht nur der Trainer schnell weg sein kann. Es ist keine Kontinuität vorhanden.»

Voser erinnert sich, dass Constantin einmal sogar damit drohte, in der Europa League die U21 auf den Platz zu schicken, als es nicht gut lief. «Der Spielerrat musste dann tagelang mit ihm diskutieren, bis er doch noch eingelenkt hat. Das ist keine Grundlage, wie man ein gesundes Miteinander haben und etwas Nachhaltiges aufbauen kann», so der 34-Jährige, der seine Karriere mittlerweile beendet hat. 

Den direkten Umgang mit dem Präsidenten hat er durchaus als angenehm empfunden. Allerdings nur, wenn der Erfolg da war. «Wenn er dich will, behandelt er dich wie einen König. Und wenn du gewinnst, dann auch. Aber sobald die Leistung ausbleibt, wirst du zum Bettler und kannst froh sein, wenn du den Lohn noch bekommst», sagt Voser.

«Eigentlich ist es erschreckend, dass es in der heutigen Zeit noch solche Modelle gibt, wo einer die autoritäre Herrschaft über einen Klub besitzt, sich nichts sagen lässt und den Sohn als Sportchef installiert – vielleicht als Spitzel, um den Draht zur Mannschaft zu haben», so der ehemalige Profi weiter. Voser glaubt auch, dass sich Constantin selbst nicht hinterfragt. «Selber mal reflektieren, das wäre wichtig. ‹Was habe ich als Christian Constantin falsch gemacht und was muss ich ändern?› Aber er macht immer wieder das Gleiche – und wenn du immer das Gleiche machst, kommen auch immer die gleichen Resultate heraus.»

«CC kann nicht über seinen Schatten springen»

Apropos Resultate: Diese brauchen die Walliser nun dringend, um in der Super League zu bleiben. Angesichts der Tabellenlage und der aktuellen Form ist der FC Sion Abstiegskandidat Nummer 1.



Der zugeschaltete Journalist Hans-Peter Berchtold (Walliser Bote) ist sich sicher: «Bei einem Abstieg würde sich innerhalb der Mannschaft zwar viel verändern, rundherum jedoch nicht, wenn Constantin bleibt.» Brigger stimmt zu: «Das ist seine Mentalität, er kann nicht über seinen Schatten springen.» Constantin sei «ein Aufbauer und ein Zerstörer», meint Berchtold. «Was in den letzten Jahren rausgeschaut hat bei einem Budget von 25 Millionen Franken … Sehr, sehr wenig.»

Brigger: «Selbst wenn der Papst ins Wallis käme, würde CC ...»

Brigger: «Selbst wenn der Papst ins Wallis käme, würde CC ...»

26.04.2021

Brigger ist dennoch überzeugt, dass die Sittener die Klasse halten werden. «Sion ist eine Cup-Mannschaft. Und jetzt folgen fünf oder sieben – mit der allfälligen Barrage – Finalspiele. Das passt zu uns Wallisern.» Und dann hätte Constantin doch alles wieder richtig gemacht. Oder? «Wenn du den Abstieg verhinderst, hast du nicht alles richtig gemacht», verneint Voser. «Mit einem solchen Budget und solchen Spielern müsstest du weiter oben mitspielen.»