FC St. Gallen Alain Sutter: «Können wir verantworten, Spieler aufeinander loszulassen?»

bam

5.5.2020

Alain Sutter (links) und Matthias Hüppi sind zurzeit gegen eine Wiederaufnahme des Fussballbetriebs.
Alain Sutter (links) und Matthias Hüppi sind zurzeit gegen eine Wiederaufnahme des Fussballbetriebs.
Bild: Keystone

Nicht alle Klubs der Super League sind sich einig, ob die Wiederaufnahme des Spielbetriebs eine sinnvolle Idee ist. Der derzeitige Leader St. Gallen äussert sich nun sehr kritisch gegenüber dem Vorhaben der SFL.

Die Swiss Football League hat vorgesehen, ab dem 9. Juni wieder mit Geisterspielen zu beginnen. Ob eine Fortsetzung gewünscht ist, entscheiden die Klubs in den nächsten Tagen. Am 27. Mai wird sich schliesslich das BAG darüber beraten, ob der Profi-Fussball weitergeführt werden darf.

Die Klubs sind sich zurzeit uneinig. Sion, Xamax und Lugano sind gegen eine Wiederaufnahme der Meisterschaft. Viele sind dafür, doch einige Klubs schwanken noch. Selbst der Leader aus der Ostschweiz, der bis jetzt eine unglaubliche Saison gespielt hat und nach 20 Jahren zum ersten Mal wieder Meister werden könnte, zeigt sich kritisch gegenüber den Massnahmen der SFL. «Das trifft den FC St. Gallen natürlich im Mark. Ich finde, wir dürfen Zahlen nennen, zum Beispiel, dass jedes Spiel ohne Zuschauer um die 60’000 Franken kosten würde. Aber das heisst nicht, dass wir einfach jammern sollen», sagt Matthias Hüppi zur wirtschaftlichen Lage im Livetalk «Espenrunde». «Jammern bringt keine Lösungen», so der 62-jährige FCSG-Präsident. 

Auch Sportchef Alain Sutter vertritt eine klare Meinung. Er spricht sich nicht nur gegen Geisterspiele aus, sondern auch gegen Fussballspiele im Allgemeinen. Für ihn sei es jetzt nicht der Zeitpunkt, Spieler auf den Platz zu schicken. «Dies ist für mich erst gegeben, wenn das Social Distancing weg ist», sagt Sutter. «Wir müssen uns fragen, ob wir die Verantwortung übernehmen können, die Spieler aufeinander loszulassen. Während andere draussen mit Gesichtsmasken herumlaufen, werden auf dem Feld Körpersäfte ausgetauscht, das lässt sich nicht verhindern. Die Spieler sollen einzeln mit dem Auto kommen, sich in mehrere Garderoben verteilen und am besten zu Hause duschen, aber dann auf dem Platz Vollgas geben. Das muss man sich vor Augen führen. Da stimmen für mich zu viele Sachen nicht, so ist es ein Gewürge.»

Für Hüppi gibt es nicht nur den wirtschaftlichen oder sportlichen Aspekt zu beachten. «Es gibt viele Faktoren, die seriös zu prüfen sind», meint Hüppi. Und trotzdem wird der FC St. Gallen den Entscheid eines Wiederbeginns akzeptieren und das Beste aus der Situation machen. «Ich finde es richtig und wichtig, Position zu beziehen. Aber wir werden den Entscheid mittragen, egal wie er ausfällt», so Hüppi.

Stellenwert in der Gesellschaft

St. Gallen hat es in dieser Saison wieder geschafft, vor ausverkauften Rängen zu spielen. «Das war harte Arbeit von allen Mitarbeitenden», erläutert Hüppi. Der FCSG habe das Vertrauen ihrer Fans gewonnen und wolle dieses nun nicht wieder leicht aufs Spiel setzen. «Natürlich ist für uns der Fussball das Wichtigste. Aber wir müssen die Situation von einer gesunden Distanz einordnen können. Es geht auch um unsere Reputation. Der Schweizer Fussball muss Vertrauen bei den Menschen schaffen und sich klar werden, in welcher Nische er sich bewegt.»

Der menschliche Faktor sollte deswegen nicht ausser Acht gelassen werden, findet Sutter. «Für mich ist dies das Wichtigste, das kommt weit vor der Wirtschaft oder der gesamten Gesellschaftspolitik. Es geht um einzelne Personen. Fussballer sind Menschen, das geht zu schnell vergessen. Es geht dabei nicht nur um ihre physische, sondern auch um ihre mentale Gesundheit.» 

Und wie bereits die ganze Saison hinweg wollen die Ostschweizer auch heute nicht an einen möglichen Titelgewinn denken. Die Diskussion beim FC St. Gallen geht über einen möglichen Meistertitel weit hinaus. 

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