Countdown Thuner Abstiegskampf ohne Hediger: «Ich drücke nur noch die Daumen»

Von Luca Betschart

15.6.2020

Dennis Hediger kann seine Mannschaft im Abstiegskampf nur beschränkt unterstützen.
Dennis Hediger kann seine Mannschaft im Abstiegskampf nur beschränkt unterstützen.
Bild: Keystone

Der FC Thun ergatterte in den ersten fünf Spielen der Rückrunde mehr Punkte als in der gesamten Hinrunde und ist im Kampf um den Klassenerhalt zurück im Geschäft. Der ehemalige Captain Dennis Hediger erklärt, wieso für die Berner Oberländer aber noch nichts geschafft ist.

Von den ersten 18 Saisonspielen konnte der FC Thun nur deren zwei für sich entscheiden, zur Winterpause lagen die Berner Oberländer mit mageren neun Punkten abgeschlagen am Tabellenende. Der Rückstand auf den rettenden achten Platz: ebenfalls neun Punkte. Kein Wunder, waren die Abstiegssorgen bei den Thunern zum Jahreswechsel gross.

«Man zweifelte sicher mehr als auch schon. Die Negativspirale zog sich eigentlich seit dem Februar 2019 durch», blickt Dennis Hediger im Gespräch mit «Bluewin» zurück. Man kenne in Thun zwar schwierige Situationen, aber nicht über eine solch lange Periode: «Man hatte fast ein ganzes Jahr enorme Probleme. Da hat man schon gemerkt, dass sich die Leute und auch die Spieler viel mehr hinterfragen.»

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Zum Auftakt der Rückrunde zeigt sich die Mannschaft von Trainer Marc Schneider dann aber wie verwandelt. Drei Siege und ein Remis in den ersten fünf Spielen und damit bereits ein gewonnener Punkt mehr als in der gesamten Hinrunde – der Umschwung scheint geschafft. «Es sind verschiedene Faktoren, die mitspielen – aber es hat sicher Gründe, warum es in der Rückrunde bisher besser gelaufen ist», sagt Hediger.

Einen Erfolgsfaktor sieht der 33-Jährige in den getätigten Wintertransfers und dem damit verbundenen Systemwechsel: «Mit dem Zuzug von Bertone konnte man einen klaren Sechser kreieren. Und mit Hasler hat man einen soliden Achter, was von Anfang an funktionierte.» Sowohl Bertone als auch Hasler stiessen im vergangenen Januar aus der amerikanischen «Major League Soccer» zur Mannschaft. Das habe dem Thuner Spiel gutgetan, zumindest resultatmässig, glaubt Hediger.

Eine Zwangspause zur Unzeit?

Mit dem Blitzstart im neuen Jahr ist der Rückstand auf den achten Platz, der gleichbedeutend mit dem Ligaerhalt wäre, bereits auf vier Punkte geschrumpft. So gesehen kam der Corona-Unterbruch für den FCT zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.

«Alle hätten gerne den Match gegen Xamax noch gespielt, bevor der Lockdown kam. Da hatten wir das Gefühl, dass wir auf bestem Weg sind, vom letzten Tabellenplatz wegzukommen», gesteht Hediger. Von einem schlechten Zeitpunkt der Zwangspause will er aber nicht sprechen: «Das ist sehr hypothetisch.»

So hält sich auch Hedigers Zuversicht, was den Ligaerhalt anbelangt, in Grenzen. «Wir wissen, dass wir gut gestartet sind. Und das nehmen wir mit. Aber es ist dann trotzdem sehr weit weg», erklärt er und vergleicht die Situation mit starken Leistungen während der Saisonvorbereitung, von denen man sich unter dem Strich nichts kaufen könne. «Es kann schnell gehen – wenn du den ersten Match verlierst, ist alles, was vorher war, wieder egal.» Für den FC Thun steht beim Restart sogleich das wegweisende Spiel gegen den direkten Konkurrenten Xamax an (Teleclub live).

Hediger: «Ich habe keine Rolle mehr»

Auf dem Platz wird Hediger, der sich im Februar 2019 schwer am Knie verletzte und im Juni 2020 offiziell zurücktrat, seinen Teamkollegen nicht helfen können. Und auch in der Garderobe habe er sich mehr und mehr zurückgezogen. «Seit der Kommunikation des Rücktritts – oder schon etwas früher – bin ich nicht mehr so nahe dran. Ich habe keine Rolle mehr, ich drücke nur noch die Daumen», sagt Hediger.

Er habe erkennen müssen, dass er von aussen nur wenig Einfluss nehmen könne – es könne gar kontraproduktiv werden. «Wenn man nicht jeden Tag nahe dabei und auf dem Feld ist, grenzt es an Selbstüberschätzung, wenn man noch reinreden will.»



Mit seinem Schicksal hadert Hediger allerdings nicht. «Es war schnell klar, dass sich neue spannende Projekte ergeben», erklärt Hediger, der als U15-Trainer bei Thun und als TV-Experte bei Teleclub bereits neue Aufgaben angeht. «Deshalb ist das Ende für mich nicht tragisch, es ist jetzt einfach so. Für mich ist das eher eine Chance, jetzt schon in meine Trainerkarriere einzusteigen und daneben im TV tätig zu sein.»

Die erste Prognose des angehenden Experten ist gewagt. «YB wird Schweizer Meister. Ich habe das Gefühl, dass die Erfahrung in dieser Phase entscheidend sein wird», begründet Hediger. Und wer steigt ab? «Sorry für alle Neuenburger, aber es erwischt Xamax.»

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