Wohl kein anderer Schweizer Trainer hat eine kürzere Zündschnur als Ludovic Magnin. Nun spricht der FCZ-Coach über seine Wutausbrüche und verrät, welches Mittel ihm hilft, Ruhe zu bewahren.
Nicht selten kommt es im Fussball vor, dass ein Trainer sich nach einer Niederlage über die Leistung des Schiedsrichters beschwert. Ludovic Magnin kann die Nerven aber sogar dann verlieren, wenn er gerade ein Topteam geschlagen hat. So auch Ende Oktober, als der FC Zürich den ewigen Rivalen aus Basel mit 3:2 geschlagen hatte. Während sich seine Spieler jubelnd in den Armen lagen, rannte der FCZ-Coach nach dem Schlusspfiff wie von der Tarantel gestochen auf den Linienrichter zu und geigte ihm die Meinung. Er wollte noch einen Eckball haben.
Es war nicht das erste Mal, dass Magnin wegen einer – aus seiner Sicht – falschen Entscheidung kaum mehr zu beruhigen war. Umso überraschender ist es, wenn man den 40-Jährigen einmal in einer ruhigeren Umgebung reden hört. Im Teleclub Fussball-Talk «Heimspiel» spricht Magnin offen über seine Ausbrüche und sagt, dass er seine Emotionen immer besser in den Griff bekomme. «Ich bin auf einem guten Weg. Ich weiss, dass das meine Schwäche ist, aber ich habe gemerkt, dass es eigentlich ganz easy ist, wenn man gewinnt», schmunzelt der Trainer.
Er ist sich sicher, dass seine Emotionen mehr Vorteil als Nachteil seien. «Wenn du keine Emotionen zeigst – wie etwas Nati-Trainer Perkovic –, dann wirst du dafür auch kritisiert. Zu viele Emotionen sind nicht das Problem. Das Problem ist das Reklamieren beim Schiedsrichter. Das weiss ich auch.»
Die Liebe zum VAR
Magnin sagt, er habe sich im Vergleich zu seinen Anfängen als Trainer bereits sehr gebessert. Warum aber verliert er manchmal immer noch die Nerven? «Ich hasse Ungerechtigkeit», meint er. «Das ist für mich etwas vom Schlimmsten, das es gibt. Wenn du so hart arbeitest und dann das Gefühl hast, dass du und deine Spieler das nicht verdient haben, fühlst du dich ungerecht behandelt. Aber zum Glück gibt es jetzt den VAR. Für mich ist das entscheidend. Jetzt kann ich einfach den vierten Schiri fragen, ob (die umstrittene Szene, Anm. d. Red.) nochmals angeschaut wird. Es funktioniert zwar nicht immer, aber doch ziemlich gut, wie ich finde.»
Die Einführung des Videoassistenten hält der 64-fache Nati-Spieler für eine «super Sache, die wir weiterentwickeln müssen». Dank des VAR könne er bei umstrittenen Entscheiden die Ruhe bewahren. «Weil ich weiss, dass die Szene nochmals überprüft wird. Das beruhigt mich», so Magnin.
Er werde aber nie ein Gentleman an der Seitenlinie wie Carlo Ancelotti sein, sondern weiter wie Antonio Conte oder Diego Simeone seine Spieler temperamentvoll anfeuern. Magnin: «Wenn ich drei-, viermal sauer bin auf meine Spieler, muss ich das beibehalten. Aber die Emotionen gegen den Schiedsrichter muss ich abstellen.»
«Nur wenn es gut läuft, kannst du komplett abschalten»
Magnin verrät, dass sein Leben auch abseits des Platzes nicht immer ganz ruhig verlaufe. So könne er nur dann abschalten, wenn die Resultate stimmen. «Wenn es gut läuft, kannst du komplett abschalten. So wie die letzten beiden Monate der Hinrunde. Dann konnte ich auch essen gehen, ohne dumme Sprüche zu hören. In weniger guten Phasen haben mir meine Frau und meine Kinder sehr geholfen.»
Der FCZ-Trainer spricht über Anfeindungen, die seine Familie auch schon über sich ergehen lassen musste. «Ich selber bin stark genug, habe in meiner langen Karriere gelernt, einzustecken. Aber wenn meine Kinder in der Schule schikaniert oder meine Frau auf Facebook beleidigt wird, habe ich grosse Mühe. Das sind Momente, in denen du eben trotzdem nicht abschalten kannst.»
Zumindest von der Vereinsführung geniesst Magnin grosses Vertrauen. Sein Vertrag wurde kürzlich vorzeitig bis 2022 verlängert. Er weiss natürlich, dass es im Fussball immer sehr schnell gehen kann. Deshalb sieht Magnin die Vertragsverlängerung als «Wertschätzung für die geleistete Arbeit».
Der Rückrundenstart ging allerdings mit einer 2:3-Heimniederlage gegen Luzern gründlich in die Hose. So ist der FCZ am nächsten Wochenende in Sion gefordert, will er den Anschluss ans Spitzentrio nicht verlieren.