Unterschiedliche Gefühlslagen Deutschland träumt wieder – in Spanien läuten die Alarmglocken

sda

20.6.2021 - 12:22

Ein geflügeltes Ausrufezeichen, ein trikolorer Ausrutscher und ein rotes Fragezeichen: Deutschland überzeugt gegen Portugal, Frankreich leistet sich ein Remis und Spanien kommt nicht in die Gänge.

20.6.2021 - 12:22

Drei Titel-Favoriten geben am «Samstag der Schwergewichte» ein unterschiedliches Bild ab. Die zweiten EM-Auftritte von Deutschland, Frankreich und Spanien liefern Antworten und werfen Fragen auf.

Deutschland: Die Flügelzange funktioniert

Nach der Startniederlage gegen Frankreich schwappte die Diskussion über die Position von Joshua Kimmich wieder auf. Doch Joachim Löw ging nicht auf die Forderungen ein, Kimmich von der rechten Aussenbahn wieder ins Zentrum zu stellen und liess am Samstag beim überzeugenden 4:2-Erfolg gegen Portugal mit der identischen Formation spielen.



Das Vertrauen in den eingeschlagenen Weg zahlte sich aus: Die Flügelzange Kimmich/Robin Gosens sorgte gegen Portugal für den Unterschied, war an allen vier Toren massgeblich beteiligt. Die Eigentore vom 0:1 zum 2:1 erzwang sie mit scharfen Hereingaben in die gefährliche Zone, das 3:1 legte Gosens für Havertz auf, das 4:1 erzielte Gosens selbst. «Beide haben bewusst höher gespielt in der Offensive als gegen Frankreich, und beide haben das ausgezeichnet gemacht. Deswegen sind wir oft in den Rücken der Abwehr gekommen, mit sehr guten Pässen da rein, mit Spielverlagerungen», erklärte Löw.

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Es scheint, als sind die Deutschen im Turnier angekommen. Für Matchwinner Gosens, im Kluballtag Teamkollege von Remo Freuler bei Atalanta Bergamo, gab es ein Sonderlob: «Er hat sich schnell bei uns behauptet und sehr gut Fuss gefasst in der Mannschaft. Als Typ schätzen wir ihn sehr, weil er sehr offen ist, sehr aktiv in der Kommunikation. So wie er spielt mit unbändigem Einsatz, so kämpft er auch für Dinge, die ihm wichtig sind.»

Frankreich: Saunagang in Budapest

Der Titelfavorit kam in der Budapester Puskas-Arena mehr ins Schwitzen, als ihm lieb war. Temperaturen über 30 Grad und die 56'000 Zuschauer setzten den Franzosen zu, der Gruppen-Aussenseiter Ungarn nutzte dies zu einem Punktgewinn. «Das war ein schwieriges Spiel. Der Rasen war trocken, es war heiss und schwül. Und wir sind ein volles Stadion nicht mehr gewohnt. Wir haben uns nicht gehört», schilderte Frankreichs 1:1-Schütze Antoine Griezmann.



Erst zwei Tore hat die hochdekorierte und mit Karim Benzema veredelte Weltmeister-Offensive im laufenden Turnier zustande gebracht. Griezmann sieht darin eine Parallele zur erfolgreichen letzten WM: «Es erinnert mich an 2018, da haben wir auch gelitten in der Gruppenphase.» Die Resultate in den Gruppenspielen damals: 2:1 gegen Australien, 1:0 gegen Peru, 0:0 gegen Dänemark.

Nicht nur aufgrund der Parallele gibt es noch keine ernsthaften Zweifel am Weltmeister. Frankreich führt die Gruppe F vor Deutschland und Portugal an. Ein Remis am Mittwoch gegen Titelverteidiger Portugal reicht für den Vorstoss in die K.o.-Phase.

Spanien: «Alerta Roja»

0:0 gegen Schweden, 1:1 gegen Polen: Trotz zweier Heimspiele in Sevilla kam Spanien an dieser EM noch nicht in die Gänge. Vor allem die Offensive bereitet Sorgen. Die Meinungen gehen auseinander, die Kritik wird lauter.



Gegen Polen befanden sich die Spanier am Samstag nach Alvaro Moratas Führungstreffer auf Kurs. Eigenes Unvermögen trug aber dazu bei, dass sie zum vierten Mal in Folge an einer EM sieglos blieben. Robert Lewandowski glich nach 54 Minuten aus, kurz darauf schoss Gerard Moreno einen Penalty an den Pfosten und verzog Morata den Nachschuss.

Es ist schwer vorstellbar, dass dieses Spanien in drei Wochen um den Titel spielen wird. «Die Mannschaft lädt nicht zum Optimismus ein», argwöhnte «El Mundo Deportivo» bereits. «Marca» und «As» schrieben vom «roten Alarm» ("Alerta Roja") in Anspielung auch auf den Team-Spitznamen «Furia Roja» (Rote Wut). «Nah am Abgrund», lautete die Überschrift bei «Sport».

Aber nicht alle sehen das Glas halbleer. Aussenverteidiger Jordi Alba etwa meinte: «Ich glaube wirklich, dass wir im Moment einen guten Job machen.» Behält Alba recht, gewinnt Spanien am Mittwoch gegen die Slowakei und qualifiziert sich für die Achtelfinals.

sda