Einmal mehr scheitert die englische Nationalmannschaft an einem grossen Turnier an den eigenen Nerven und verliert den EM-Final gegen Italien im Penaltyschiessen. Erinnerungen werden wach – auch bei Trainer Southgate.
Es bleibt dabei: Nach der Niederlage im dramatischen Final gegen Italien muss England weiter auf den ersten grossen Titel seit 1966 warten. Einmal mehr müssen sich die Three Lions im Penaltyschiessen geschlagen geben – es ist bereits die siebte Pleite im neunten Penalty-Krimi der Engländer an einem grossen Turnier.
Dabei beginnt am Sonntag im Wembley alles so gut. Während Kane und Maguire für England treffen, pariert Pickford den Schuss von Italiens Belotti und bringt seine Farben in Front. Aber nicht für lange. Denn mit Rashford, Sancho und Saka versagen im Anschluss sämtlichen englischen Schützen die Nerven – und dürften insbesondere bei Trainer Gareth Southgate böse Erinnerungen wecken.
Englands Elfmeterschiessen bei Welt- und Europameisterschaften im Überblick:
1996 übernimmt der damals 25-jährige Southgate im EM-Halbfinal gegen Deutschland (zu) viel Verantwortung und stellt sich in seinem erst neunten Länderspiel als sechster Schütze zur Verfügung. Nachdem alle zehn Spieler vor ihm treffen, scheitert der Erfolgstrainer mit einem schwach geschossenen Elfmeter an Andreas Köpke und besiegelt damit Englands Ausscheiden.
Volles Vertrauen in die Jüngsten
Später sagt Southgate, es habe ihn wie ein «Blitz aus heiterem Himmel getroffen», als die damaligen Trainer Terry Venables und Bryan Robson ihn als Schützen vorschlugen. Wenig überraschend fällt es dem tragischen Helden danach lange schwer, das Malheur abzuhaken. «Ich habe eine Million Dinge von diesem Tag und den darauffolgenden Jahren gelernt. Die wichtigste Sache ist, dass es nicht das Ende ist, wenn etwas im Leben schiefläuft», blickt er einst zurück.
Umso erstaunlicher erscheint vor diesem Hintergrund, dass Southgate am Sonntag im Wembley im Penalty-Krimi komplett auf die Jungen setzt. Rashford (23-jährig) und Sancho (21) wechselt er gar erst kurz vor dem Abpfiff nach 120 Minuten ein, zudem bestimmt er mit Saka einen 19-Jährigen als letzten Schützen.
Der 50-Jährige nimmt denn nach der besiegelten Niederlage auch die Schuld auf sich. «Das ist meine Entscheidung, nicht die der Spieler. Wir haben die besten Schützen ausgewählt, die auf dem Feld standen», begründet er seine Auswahl. Mit dieser Meinung allerdings steht er ziemlich allein da. Neben zahlreichen Experten wird die Entscheidung des England-Trainers auch von Marcel Reif kritisiert (im Video unten). Ob zurecht oder nicht – insbesondere nach dem eigenen traumatischen Erlebnis 1996 wirft Southgates Nomination zumindest Fragen auf.