Hochverdient Iran gewinnt gegen Wales dank Toren in der 98. und 101. Minute

Redaktion blue Sport

25.11.2022

Cheshmi schiesst Iran gegen Wales in der 98. Minute zum Sieg

Cheshmi schiesst Iran gegen Wales in der 98. Minute zum Sieg

25.11.2022

Sie treffen den rechten Pfosten, den linken Pfosten und scheitern mehrmals an Wayne Hennessey, der in den Schlussminuten mit Rot vom Platz fliegt. Und dann klappt es doch noch. In der 8. Minute und 11. Minute der Nachspielzeit schiesst Iran zwei Tore.

P. Lämmle

25.11.2022

Irans Fussball-Nationalmannschaft hat unter grossem politischen und sportlichen Druck bei der Weltmeisterschaft in Katar einen umjubelten Last-Minute-Sieg gefeiert. Das Team von Trainer Carlos Queiroz gewann am Freitag im zweiten Vorrundenspiel gegen Wales um Stürmerstar Gareth Bale dank Treffern von Roozbeh Cheshmi und Ramin Rezaeian in der achten und elften Minute der Nachspielzeit mit 2:0 (0:0). Der walisische Torwart Wayne Hennessey sah zuvor in der 86. Minute die Rote Karte nach einer Notbremse ausserhalb des Strafraums gegen Mehdi Taremi.

Wales-Goalie Hennessey fliegt nach Kung-Fu-Einlage vom Platz

Wales-Goalie Hennessey fliegt nach Kung-Fu-Einlage vom Platz

25.11.2022

Beide Teams haben noch Chancen aufs Weiterkommen. Vor 40'875 Zuschauern im Ahmad bin Ali Stadion von Al-Rajjan schwiegen die iranischen Spieler diesmal nicht bei der Nationalhymne, sondern bewegten mit ernsten Mienen sichtbar die Lippen. Die meisten Pfiffe in der Arena verstummten, als auf der Videowand ein herzzerreissend weinender älterer Fan mit einer iranischen Fahne gezeigt wurde.

Iran und die Nationalhymne

Der Druck auf die Spieler, die auch um das Wohl ihrer Familien in der Heimat fürchten müssen, war wohl zu gross geworden: Vor dem 2:6 gegen England hatten sie stumm den Klängen gelauscht. Daraufhin war über drohende drastische Sanktionen vonseiten der Regierung berichtet worden. Der Iran wird seit Wochen von den schwersten Protesten seit Jahrzehnten erschüttert. Der Tod einer jungen Frau im Polizeigewahrsam hatte diese ausgelöst, der Sicherheitsapparat reagierte mit äusserster Härte.

Den Spielern sind mögliche Konsequenzen ihres Handelns in ihrer Heimat bewusst. Gleichzeitig hatten viele Anhänger der Protestbewegung Irans Team Melli in den vergangenen Wochen scharf kritisiert. Vor allem ein Foto mit Präsident Ebrahim Raisi in ausgelassener Stimmung hatte kurz vor Abflug für Empörung gesorgt. Zu spät und zu klein sei die Aktion dann auf dem Spielfeld gewesen, bemängelten die Kritiker.

Vor der Begegnung wurde bekannt, dass der ehemalige iranische Nationalspieler Voria Ghafouri nach Angaben der regierungsnahen Nachrichtenagentur Tasnim am Donnerstag verhaftet worden ist. Dem 35 Jahre alten Verteidiger werde Propaganda gegen das iranische Politsystem sowie Beleidigung der Nationalmannschaft vorgeworfen, hiess es. Dieses Mal lobte Tasnim die Spieler wegen Mitsingens der Hymne.

Wales bleibt chancenlos

Iran war bei allen bisherigen fünf WM-Teilnahmen in der Vorrunde gescheitert. Gegen die Waliser startete die Mannschaft stürmisch – und ohne den am Kopf verletzten Ali Beiranvand. Der 30-Jährige, der beim Auftaktspiel eine Gehirnerschütterung erlitten hatte, sass nur auf der Bank. Stattdessen begann Hossein Hosseini, der gegen England bereits eingewechselt wurde. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hatte die FIFA dem iranischen Verband mitgeteilt, dass der Torhüter nicht spielen sollte. Die letzte Entscheidung über einen Einsatz lag aber beim iranischen Verband.

Ali Gholizadeh liess die Iran-Fans nach einer Viertelstunde mit seinem Tor jubeln, doch nach einer Videobeweis-Entscheidung wurde der Treffer wegen Abseits zurückgenommen. Die Waliser hatten in ihrem ersten Vorrundenspiel ein 1:1 gegen die USA erreicht. Gegen die Iraner geriet der EM-Halbfinalist von 2016 von Anfang an in Hektik. Auch der Leverkusener   Sardar Azmoun beschäftigte die gegnerische Abwehr immer wieder. Er und sein Stürmerkollege Gholizadeh trafen nach der Pause innerhalb von Sekunden jeweils den Pfosten.

Wales-Superstar Bale tauchte hingegen praktisch die ganze Partie unter. Am Ende wurde es hektisch. Hennessey sah die Rote Karte, weil er gegen Taremi mit gestrecktem Bein klar zu spät kam – eine klare Rote Karte. Neun Minuten Nachspielzeit packte Schiedsrichter Mario Escobar obendrauf. Die Iraner probierten nochmal alles – und wurden ganz spät belohnt.

Riesige Freude auf Seiten der Iraner nach dem dramatischen Sieg gegen Wales.
Riesige Freude auf Seiten der Iraner nach dem dramatischen Sieg gegen Wales.
Bild: Getty

Telegramm

Wales – Iran 0:2 (0:0)

Ahmed bin Ali Stadium, Al-Rayyan. – SR Escobar (Guatemala). – Tore: 98. Cheshmi 0:1. 101. Rezaeian (Taremi) 0:2.

Wales: Hennessey; Mepham, Rodon, Davies; Roberts (57. Johnson), Ramsey (87. Ward), Ampadu (77. Allen), Williams; Bale, Moore, Wilson (58. James).

Iran: Hossein Hosseini; Rezaeian, Majid Hosseini, Pouraliganji, Mohammadi; Ezatolahi (83. Karimi); Nourollahi (77. Cheshmi), Hajsafi, Gholizadeh; Azmoun (68. Ansarifard), Taremi.

Bemerkungen: Wales komplett. Iran ohne Beiranvand (verletzt). 16. Tor von Gholizadeh wegen Abseits vom VAR aberkannt. Pfostenschüsse von Azmoun (51.) und Gholizadeh (52.). 86. Rote Karte gegen Hennessey (Notbremse). Verwarnungen: 45. Rodon. 95. Rezaeian. 95. Jahanbakhsh.

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