Noch 3 Tage WM-Countdown: Der unrühmlichste Abgang von der Fussball-Bühne

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11.6.2018

Die Vorfreude steigt, der Countdown läuft: Am 14. Juni geht es mit der Fussball-WM los. Wir versüssen die Wartezeit mit Kurzgeschichten unvergessener WM-Momente.

Noch 3 Tage: Zidane brennen die Sicherungen durch und Italien wird Weltmeister

Mehr Drama geht nicht: WM-Final 2006, Frankreich fordert in Berlin den dreimaligen, später vierfachen Weltmeister Italien. Nach 90 Minuten steht es 1:1, es geht in die Verlängerung. Die 110. Minute läuft. Nach einem Freistoss am Sechzehner der Italiener zupft Marco Materazzi Zinedine Zidane, der das letzte Spiel seiner grossen Karriere bestreitet, am Trikot.

Eigentlich nichts Erwähnenswertes. Doch es folgt ein Wortgefecht, das Zidane die Fassung verlieren lässt. Er trabt zunächst Richtung Mittellinie, macht dann kehrt und streckt Materazzi mit einem Kopfstoss nieder. Die Zuschauer bemerken den Vorfall zunächst nicht – oder nur am Rande, denn das Spielgeschehen hat sich längst verlagert.

Erst die TV-Bilder liefern Aufschluss. Der vierte Schiedsrichter weist den Hauptschiedsrichter auf Zidanes Vergehen hin – und dieser zückt die Rote Karte. Das Gerücht hält sich bis heute, dass der vierte Referee erst nach Konsultation der Video-Bilder handelte. Deshalb gilt der Platzverweis inoffiziell als erste Anwendung des Videobeweises.

Doch weshalb verlor Zidane dermassen die Beherrschung? Nach dem besagten Zupfer sagte der Franzose zu Materazzi, er könne sein Trikot gerne nach dem Spiel haben. Darauf entgegnete Materazzi, wie Lippenleser enthüllten: «Ich bevorzuge deine Schwester, die Hure.» Zidane tickt aus und die Fussball-Welt ist schockiert.

«Zizou» verlässt das Spielfeld, muss am Pokal vorbeigehen. Es ist ein Bild, das um die Welt geht. Nicht wenige haben Tränen in den Augen. Dass diese Karriere so endet, hat keiner für möglich gehalten.

Vier Jahre Später schlossen die beiden Frieden. Die Legende will es so: Im November 2010 liefen sich Zidane und Materazzi zufällig in einem Mailänder Hotel über den Weg. «Ich habe mehr geredet als er», berichtete Materazzi: «Am Schluss reichte er mir die Hand und ich habe sie solange gehalten, bis er mir direkt in die Augen geschaut hat. Das war das, was ich wollte. Für mich war es ein schöner Augenblick.» Zidane sagte nur wenige Wochen zuvor, er werde eher sterben, als Materazzi verzeihen.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Italien nach Penaltys den Titel holte (5:3). Held des Elfmeterschiessens: Gigi «der ewige» Buffon – obwohl er keinen Elfer hielt. Tragischer Held: Trezeguet, er traf nur die Latte.

Zidane geht am Pokal vorbei – ein Bild für die Geschichtsbücher.
Zidane geht am Pokal vorbei – ein Bild für die Geschichtsbücher.
Bild: Getty Images

Supplément: Der Song Coup de Boule

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