Von Catenaccio bis Angriffspressing – Fussball hat schon viele Epochen erlebt und sich immer wieder verändert. Nun kommt Thiago Motta mit einer ganz neuen Idee um die Ecke.
1974 führte Franz Beckenbauer Deutschland als Libero zum Weltmeistertitel, 2004 wurden die Griechen mit ihrer ultradefensiven Spielweise Europameister, 2010 setzten die Spanier an der WM mit ihrem Ballbesitz-Fussball neue Massstäbe. Immer wieder schaffen es Mannschaften, mit neuen Taktiken den Fussball zu revolutionieren, sodass andere Teams die Systeme übernehmen.
Aktuell heisst der Schlüssel zum Erfolg: Schnelles Umschaltspiel. Zumindest haben die Franzosen mit ihren technisch versierten Spielern um Schaltzentrale Pogba, Sturmrakete Mbappé und Vollstrecker Griezmann gezeigt, dass man so Weltmeister werden kann. Spektakulär anzusehen ist diese Taktik für Fussballfans natürlich auch.
Noch offensiver mag es ausgerechnet ein Italiener: Thiago Motta hat in einem Interview mit «Gazzetta dello Sport» verraten, wie er sich den Fussball der Zukunft vorstellt. Der frühere PSG-Profi, der seine Karriere im Sommer beendete und aktuell die U19-Mannschaft der Pariser coacht, will das Spiel mit einem neuen System revolutionieren. Mottas Formation: 2-7-2.
Wie das gehen soll? Anders als bei üblichen Systemen wie 4-4-2 oder 4-2-3-1 zählt der ehemalige Nationalspieler Italiens den Torhüter ebenfalls zur Formation – und stellt diese nicht von hinten nach vorne, sondern von rechts nach links auf. Der Keeper gehört also zum «7er-Mittelfeld».
Was will Motta damit erreichen? «Meine Idee ist es, offensiv zu spielen. Ich will, dass der Spieler mit dem Ball drei oder vier Anspielmöglichkeiten hat und immer von zwei Spielern abgesichert wird», sagt der 36-Jährige. Von Grundformationen hält er nicht sehr viel. «Du kannst auch in einem 5-3-2 sehr offensiv spielen, aber auch sehr defensiv in einem 4-3-3. Es kommt immer auf die Qualität deiner Spieler an», so Motta.
Speziell an Mottas Idee ist aber vor allem die Aufgabe des Torhüters. Der frühere Mittelfeldspieler will nämlich, dass sich der Goalie noch aktiver am Spielaufbau beteiligt und zwischen den beiden Innenverteidigern agiert – sofern seine Mannschaft im Ballbesitz ist wohlgemerkt. «Für mich ist der Stürmer der erste Verteidiger und der Goalie der erste Stürmer», sagt Motta. «Der Keeper beginnt den Angriff und die Angreifer sind die ersten, die Druck gegen den Ball ausüben.»
Ob Mottas Idee zu einer modernen Taktik im Fussball wird, muss sich zeigen. Der in Brasilien geborene Italiener hat aber zumindest eine Vision. Und er macht keinen Hehl daraus, dass er eines Tages auch als Trainer hoch hinaus will: «Ich habe nichts gegen (Thomas) Tuchel, aber es ist mein Ziel, eines Tages auf der Bank der ersten Mannschaft von PSG zu sitzen.»