Elf Monate war Martin Schmidt beim FC Augsburg im Amt – und erlebte in dieser Zeit eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Ausgerechnet jetzt, wo vieles wieder für einen Aufwärtstrend spricht, wird der Schweizer entlassen.
«Diese Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, aber aufgrund der Bilanz von lediglich vier Punkten aus neun Begegnungen sind wir zu der Überzeugung gekommen, auf der Trainerposition eine Veränderung vorzunehmen. In der aktuellen Situation sehen wir unser Ziel Klassenerhalt als gefährdet an.» Mit diesen Worten begründet Augsburg-Sportchef Stefan Reuter den Entscheid, Trainer Martin Schmidt zu entlassen.
Ein Rückblick: Auf den Tag genau vor elf Monaten, am 9. April 2019, heuerte der FCA den Walliser an. Damals lag Augsburg mit 25 Punkten aus 28 Spielen auf Platz 15, hatte vier Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz. Schmidt kam – und feierte zum Einstand einen völlig unerwarteten 3:1-Sieg in Frankfurt. Darauf folgte ein 6:0-Kantersieg gegen Stuttgart. Kurze Zeit später war Augsburg gerettet.
Retter Schmidt wurde gefeiert. Doch diese Lobeshymnen sind längst vergessen. Obwohl Schmidt in den 25 Spielen in dieser Saison mehr Punkte geholt hat als sein Vorgänger im Vorjahr in 28 Partien. Und obwohl Augsburgs Rückstand auf die Europa-League-Ränge nur um einen Punkt grösser ist als der Vorsprung auf einen direkten Abstiegsplatz.
Gewiss: Der FCA startete nicht wie gewünscht in die Rückrunde. Wie Stefan Reuter betont, holte Schmidt in den letzten neun Bundesliga-Spielen nur vier Punkte. Was Reuter aber nicht sagt: Unter den neun Gegnern waren mit Bayern, Dortmund, Leipzig, Leverkusen und Gladbach die fünf besten Teams der Liga. Und auch gegen Frankfurt darf man mal verlieren, wenn man Augsburg heisst. Die einzige Niederlage, die wirklich schmerzt, ist die 0:2-Pleite bei Union Berlin.
Gegen Bremen, dem neben Union einzigen wirklichen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf, dem der FCA seit Rückrundenstart gegenüberstand, gab es einen 2:1-Sieg. Gegen Freiburg (aktuell Achter) gab es immerhin ein Remis. Und bei den erwarteten Niederlagen gegen Bayern und Dortmund spielten die Schwaben durchaus gut mit.
Warum ausgerechnet jetzt?
Erstaunlich ist Schmidts Entlassung vor allem, wenn man an die Hinrunde denkt. Denn Augsburg ist nicht viel besser in die Saison gestartet, als nun in die Rückrunde. In den ersten sieben Spielen holte der FCA nur einen Punkt mehr als in den ersten sieben Partien im Jahr 2020. Und er blamierte sich im Pokal gegen den Viertligisten Verl. Während Schmidt schon von den eigenen Fans verspottet wurde, hatten Reuter und Co. damals aus irgendeinem Grund noch Vertrauen in den Schweizer.
Vertrauen, das sich auszahlte. Denn Schmidt führte Augsburg zurück in die Spur: Mit einem 2:2 gegen die Bayern startete er die Aufholjagd, es folgten Siege gegen Paderborn, Hertha BSC, Mainz, Hoffenheim und Düsseldorf. Dazu ein Remis gegen Köln. Es sind jene Mannschaften, auf welche Augsburg in den kommenden Wochen wieder treffen wird.
Fakt ist: Gegen die Teams, welche sich aktuell in der unteren Tabellenhälfte befinden, hat Augsburg in dieser Saison 21 von möglichen 33 Punkten geholt. Ausgerechnet jetzt, wo die Aussichten auf Erfolgserlebnisse wieder steigen, entzieht die Vereinsführung Martin Schmidt das Vertrauen.
«Der Verein steht immer über jedem Einzelnen. Daher wünsche ich dem FCA und dem Team alles Gute», bleibt Schmidt selbst bei seiner Entlassung cool. «Ich hoffe, dass mit einem neuen Impuls die Wende gelingt», sagt er. Diese wäre bestimmt auch mit dem Schweizer gelungen, wenn man denn überhaupt von einer «Wende» sprechen kann. Denn Augsburg hat – betrachtet man die Kadermarktwerte der Bundesliga – «nur» die 14. beste Mannschaft in Deutschland. Mit Tabellenrang 14 lag Schmidt damit eigentlich im Soll. So bleibt Schmidts Entlassung ein ziemlich fragwürdiger Entscheid.