Frankfurt-Sportvorstand Fredi Bobic kritisiert die Pläne der internationalen Fussballelite und malt ein düsteres Szenario für eine allfällige europäische Superliga. Der Führung des FC Bayern München wirft er Heuchelei vor.
Vor dem Halbfinal-Duell in der Europa League gegen den FC Chelsea kritisiert Fredi Bobic die europäische Fussballelite und ihre Pläne, in Zukunft noch mehr und noch grössere Wettbewerbe durchzuführen. Der Sportvorstand von Eintracht Frankfurt sieht kleinere Vereine zunehmends aus wichtigen Entscheiden ausgeschlossen. «Man gewinnt den Eindruck, dass sich die internationale Fussballelite absetzen will. Wir von den Klubs aus der zweiten Reihe werden wenig gefragt, wenn die Verbände in Hinterzimmern entscheiden», sagt er gegenüber der «Welt». Im Sport sei es wie in der Gesellschaft: «Die Reichen werden immer reicher, der Abstand der Elite zum Rest wächst rasant und dynamisch.»
Zum Kreis der europäischen Fussballelite gehört auch Ligakonkurrent Bayern München, der deshalb auch früh in die Pläne der FIFA, eine Klub-WM zu gründen, eingeweiht war. Nachdem die Münchner erst gegen das Vorhaben protestierten, begrüsste Klub-Präsident Uli Hoeness den Beschluss dann doch. Für Bobic unverständlich: «Man muss zu einer Sache stehen. Erst kritisieren und am Ende doch mitmachen, wäre nicht meine Sache.»
Der 47-Jährige glaubt, dass der plötzliche Sinneswandel der Bayern vielmehr ein Täuschungsmanöver darstellt. «Offenbar fanden die Bayern die Idee von Anfang an gut und haben nur so getan, als wären sie dagegen. Vermutlich, weil das besser ankam.»
Düsteres Szenario der europäischen Superliga
Bobic selbst hält nicht viel von den aktuellsten Plänen, dank denen Europas Fussball noch weiter zusammenrücken würden. In einer möglichen europäischen Superliga, in der sich mit Bayern, Juventus, Paris oder Barcelona Vereine duellieren würden, die den heimische Meisterschaften ohnehin entwachsen sind, sieht er nur kurzfristig Potential. «Ich male mal hypothetisch das düstere Szenario einer europäischen Superliga. Es kann sein, dass die Grossen am Anfang die Sieger sind. Doch am Ende gewinnen wir, denn Eintracht Frankfurt gegen Mainz 05 wird die Fans auf Dauer mehr interessieren als Real Madrid gegen Bayern München.»
In absehbarer Zeit spielt Serienmeister Bayern aber nach wie vor in der Bundesliga mit und sorgt dafür, dass Bobic die Frankfurter Chancen auf den Titel in den nächsten 20 Jahren als schlecht einschätzt. «Der FC Bayern profitiert von einem so grossen wirtschaftlichen Vorsprung, dass ihm Fehler verziehen werden. Dass dem Management der Münchner zuletzt einige davon unterlaufen sind, ändere daran nichts, meint Bobic: «So viele Fehler, dass wir vor ihnen landen, können die Bayern gar nicht machen.»