Mattia Bottani ist der Neuling im aktuellen Kader der Schweizer Nationalmannschaft, Der Luganese profitiert von seiner Entwicklung und jener der Nationalmannschaft.
Die Frage nach den Gefühlen von Mattia Bottani erübrigt sich, als er am späten Donnerstagmorgen im Grand Resort von Bad Ragaz aus seinem Auto steigt. Der Tessiner strahlt über das ganze Gesicht. Es seien emotionale Tage für ihn und seine Familie. Mit 31 Jahren steht er erstmals im Kreis der A-Nationalmannschaft, 13 Jahre nachdem er seine letzten beiden Partien für eine Junioren-Auswahl bestritten hat. Aus dieser Zeit kennt er Xherdan Shaqiri und Steven Zuber.
Bottani fällt etwas aus dem Rahmen. Von der Schweizer Nationalmannschaft war man sich unter Vladimir Petkovic eher gewohnt, dass die Neuankömmlinge entweder schon im Ausland spielen oder jüngere Talente sind. Bottani hat am Dienstag seinen 31. Geburtstag gefeiert, ist in Lugano aufgewachsen und spielte fast seine ganze Karriere lang für den FC Lugano. Nur sechs Spieler haben in der Klubgeschichte mehr Einsätze absolviert als er.
Yakins Zeichen an die Super League
Dass er trotz ungünstiger Ausgangslage das Aufgebot bekam, mit dem er eigentlich schon nicht mehr gerechnet hatte, hat mit seiner Entwicklung zu tun, aber auch mit jener der Schweizer Nationalmannschaft. Pierluigi Tami, der Chef der Nationalmannschaften, war in der Vergangenheit Trainer von Bottani und weiss: «Er hat einen grossen Sprung gemacht, vor allem in seiner Persönlichkeit. Technisch war er schon immer gut.»
Bottani war bereit für die Nati und die Nati bereit für ihn. Tami führt aus: «Die Schweiz hat eine klare Spielidee. Es ist so einfacher zu wissen, welcher Spieler passt. Und es ist eine gesunde Gruppe, in der man Neue gut integrieren kann.» Für Nationalcoach Murat Yakin passt Bottani mit seiner Intensität und seiner Dynamik sehr gut ins Team. «Er hat die Qualität, um Spiele zu entscheiden.»
Nicht zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt hat Yakin ein positives Zeichen an die Super League gesendet. Auch in der heimischen Liga kann man sich ein Aufgebot verdienen. Bottani hat das getan mit dem Cupsieg und seinen konstant guten Leistungen – zu seiner eigenen Überraschung. Die Ferien in Griechenland waren bereits gebucht.
Nur die Haarfarbe bereut er
«Es war ein langer Weg», sagt Bottani. Er sei vernünftiger geworden, sein Privatleben verlaufe nun ruhiger. Darüber, was ihm denn früher gefehlt habe, um Nationalspieler zu werden, will er nicht im Detail reden. Charmant umgeht er die Frage nach seiner wilden Zeit. «Ich habe halt Dinge gemacht, die man in jungen Jahren macht.» Heute ist Bottani Familienvater und achtet mehr darauf, das Leben eines Spitzensportlers zu führen. Er spielt mir mehr Selbstvertrauen, will immer den Ball und damit etwas kreieren.
Mit dem Druck, der seine Karriere begleitet, geht er gelassener um. Heute überwiegt das Positive, wenn es darum geht, ein Hoffnungs- und Leistungsträger von Lugano zu sein. «Mein Aufgebot ist eine Belohnung für den ganzen Klub und Trainer Mattia Croci-Torti.» Als erste Spieler von Lugano seit 2001 könnte Bottani in den nächsten Tagen mit der Schweizer Nationalmannschaft auflaufen. Hört man Yakin zu, dürfte es in einem der vier Partien der Nations League, die die Schweiz bis zum 12. Juni bestreitet, soweit kommen: «Er wird seine Chance bekommen.»
Ob mit oder ohne Einsatz verspricht Bottani, jede Stunde im Kreis der Nationalmannschaft zu geniessen. Er sei glücklich, dass er es doch noch geschafft habe. Wenn er die Zeit zurückdrehen könnte, würde er in seiner Karriere das eine oder andere anders machen, gibt er zu. So hätte er vielleicht früher sein Potenzial ausgeschöpft. Aber bedauern tut Bottani nichts – ausser, dass er sich die Haare rosa gefärbt hat. Er habe nach dem Cupsieg eine Wettschuld einlösen müssen, erzählt er lachend vor dem Hotel in Bad Ragaz und den TV-Kameras. «Wenn ich gewusst hätte, dass ich hierherkomme, hätte ich das nicht getan.»