Fehlende Chancengleichheit City-Star Sterling fordert mehr dunkelhäutige Trainer

SB10

10.6.2020

Raheem Sterling fordert im englischen Fussball mehr dunkelhäutige Menschen in höheren Positionen. Tatsächlich trifft der City-Stürmer mit seinem Anliegen einen wunden Punkt.

In der BBC-Sendung «Newsnight» sprach der englische Nationalspieler im Zusammenhang mit den weltweiten Anti-Rassismus-Protesten, welche der gewaltsame Tod von George Floyd hervorriefen, auch über Dinge, die im Fussball schieflaufen.

«Es ist der richtige Zeitpunkt, um über diese Themen zu sprechen, um über Ungerechtigkeit zu sprechen, insbesondere auch in meinem Beruf: In der Premier League gibt es etwa 500 Spieler – ein Drittel davon ist schwarz, doch wir sind in der Klub-Hierarchie unten und im Trainerstaff kaum vertreten», erläutert Sterling die Problematik. Es gebe so auch nicht viele Vorbilder, an denen man sich orientieren könne, so der 25-Jährige.

«Steven Gerrard, Frank Lampard, Sol Campbell und Ashley Cole – alle hatten tolle Karrieren, alle spielten für England. Sie haben alle gleichzeitig ihre Trainerausbildung gemacht, um auf höchstem Niveau zu trainieren. Und die beiden, die nicht die richtige Chance bekamen, sind die beiden schwarzen Ex-Spieler», hält er fest.

Während Campbell den Drittligisten Southend United trainiert und Cole als Nachwuchscoach beim FC Chelsea arbeitet, ist Lampard Cheftrainer der Blues, Gerrard bei den Glasgow Rangers. Auch bei den Klub-Bossen und Managern sei das Bild dasselbe. 

«Nur durch Protestieren wird sich dieses Land nicht verändern», sagt der Man-City-Profi. «Es geht nicht nur darum niederzuknien, sondern auch den Menschen die Chance zu geben, die sie verdienen.»

Raheem Sterling mit seinem (weissen) Star-Trainer Pep Guardiola.
Raheem Sterling mit seinem (weissen) Star-Trainer Pep Guardiola.
Bild: Getty

Noch keine Patent-Lösung in Sicht

Gemäss einer Studie waren im britischen Fussball 2014 von 552 Toppositionen im Coaching bei 92 Profiklubs gerade mal 19 von Schwarzen oder anderen ethnischen Minderheiten besetzt. Das entspricht einer Quote von 3,4 Prozent. Auch heute dürfte diese Bilanz nicht viel besser aussehen.

Die Diskrepanz ist auch in anderen Sportarten augenfällig. In der NFL beschäftigten Anfang Jahr von 32 Teams nur drei einen dunkelhäutigen Coach, obwohl siebzig Prozent der Spieler auf dem Spielfeld dunkelhäutig sind. Bei den Besitzern und auf Management-Stufe ist die Quote noch krasser.

Gegen die Ungleichbehandlung wurde im American Football 2003 die «Rooney Rule» eingeführt. Diese schreibt vor, dass alle Mannschaften mindestens einen BME-Kandidaten («black and ethnic minority») für eine Stelle als Cheftrainer oder General Manager befragen müssen. 

Auch wenn sich die Lage seither zeitweise etwas besserte, sind die Fortschritte Stand heute unter dem Strich bescheiden. So ist man sich aktuell auf der Insel uneinig, ob man im Fussball eine (adaptierte) «Rooney Rule» verankern soll oder doch eine andere Lösung priorisieren will. Sterling selbst will Taten statt Worte sehen: «Es ist nun an der Zeit, Änderungen umzusetzen und die gleichen Chancen zu geben.» 

Nuno Espírito Santo von den Wolverhampton Wanderers ist aktuell der einzige BME-Coach in der Premier League.
Nuno Espírito Santo von den Wolverhampton Wanderers ist aktuell der einzige BME-Coach in der Premier League.
Bild: Getty
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