Bei der WM 2022 in Katar können die Teilnehmer auf einen grösseren Kader zurückgreifen als gewohnt. Möglich, dass im Fussball bald noch tiefgreifendere Regelanpassungen vorgenommen werden.
Wie die FIFA am Donnerstag mitteilte, dürfen die Schweizer Nati und auch alle anderen Endrundenteilnehmer an der WM in Katar einen 26-köpfigen Kader melden. Bislang konnte jeder Fussballverband nur auf 23 Spieler zurückgreifen. Auch die vorläufige Nominierungsliste wurde ausgebaut. So darf Murat Yakin vor dem Turnier 55 Spieler auf diese Liste setzen, zuvor waren nur 35 erlaubt. Ausserdem sind neu auch bei der WM fünf statt wie bisher drei Auswechslungen erlaubt.
Mit diesen Entscheidungen wolle man Rücksicht auf den ungewöhnlichen Zeitpunkt der WM nehmen, teilt die FIFA mit. Das Eröffnungsspiel der WM zwischen Holland und Senegal findet am 21. November statt und damit nur eine Woche, nachdem die nationalen Ligen in die Pause gehen.
Halbautomatisierte Abseitstechnologie
Im Gespräch ist auch der mögliche Einsatz einer halbautomatischen Abseitstechnologie bei der WM. Dabei werden mehrere Spezialkameras aufgestellt, um Datenpunkte jedes Spielers zu erfassen, die seine Position auf dem Spielfeld ermitteln. Diese Daten werden von einem Video-Assistenten geprüft, der ausschliesslich für Abseitsentscheidungen zuständig ist. Er soll dem Schiedsrichter auf dem Platz dann quasi in Echtzeit übermitteln können, ob der Spieler im Abseits stand oder eben nicht.
So soll das mühsame lange Warten auf den VAR bei knappen Abseitsentscheidungen deutlich verringert werden. Die halbautomatische Abseitstechnologie wurde bereits bei der Klub-WM im Februar mit 18 Datenpunkten getestet. Bei der Weltmeisterschaft sollen die Datenpunkte gar auf 29 gesteigert werden. Noch ist aber nicht beschlossen, ob die neue Technologie in Katar tatsächlich angewendet wird.
«Es sieht sehr gut und vielversprechend aus. Unsere Experten schauen sich das an, bevor wir eine Entscheidung treffen, ob wir es bei der WM nutzen oder nicht», sagte FIFA-Präsident Gianni Infantino vor knapp zwei Wochen nach der Generalversammlung der Regelhüter des International Football Association Board (IFAB).
Man wolle «sicher sein, dass es perfekt funktioniert», meinte auch Pierluigi Collina, der Vorsitzende der FIFA-Schiedsrichterkommission. Er sei aber «zuversichtlich» und aus seiner Sicht würden «schnellere Entscheidungen» und «Entscheidungen mit mehr Akzeptanz» für eine Einführung der Technik sprechen.
Wird den Einwurf abgeschafft?
Wohl noch etwas weiter weg, aber keinesfalls weniger revolutionär: Die Regelhüter des IFAB denken auch über die Abschaffung des Einwurfs nach. Diesen gibt es im Fussball schon seit 1882. Medienberichten zufolge soll in naher Zukunft getestet werden, ob ein «Einkick» das Spiel attraktiver macht. So soll das Spiel auch beschleunigt werden, sobald der Ball im Aus war.
Wann und wo der «Einkick» erprobt werden soll, ist allerdings noch unklar. Berichte, wonach die zweite niederländische Liga für das Pilotprojekt gewonnen werden konnte, wies der holländische Fussballverband KNVB als unrichtig zurück.
Mit Trainerlegende Arsène Wenger gibt es aber schon mal einen grossen Befürworter des «Einkicks». Schon vor einem Jahr hatte sich frühere Arsenal-Coach für eine Abschaffung des Einwurfs ausgesprochen. «Es gibt zwei grosse Zeitfresser: Einwürfe und Freistösse. Das Ziel ist es, das Spiel spektakulärer und schneller zu machen. Vielleicht könnten Einkicks mit einem Zeitlimit von fünf Sekunden dazu beitragen», hatte der FIFA-Chef für globale Fussballentwicklung gesagt.
Wenger sieht den Einwurf als Nachteil für die Mannschaft in Ballbesitz. Statistiken würden zeigen, dass man in vielen Situationen, wenn das Spiel in die heisse Phase geht, den Ball verliert.
Das Spiel soll schneller werden
Englands Fussballlegende Gary Lineker hingegen ist skeptisch, «weil es das Spiel verlangsamen würde, da jeder Einwurf in der gegnerischen Hälfte zu einem Freistoss wird». Wenn etwas verändert werden sollte, dann sollten es Freistösse sein, bei denen ein Spieler gleich selbst mit dem Ball loslaufen darf, meint Lineker: «Bestrafe die foulenden Spieler, nicht die Gefoulten. Das würde auch das Spiel schneller machen.»
Apropos Spiel schneller machen: Das IFAB denkt auch über eine Regel für «eine potenziell gerechtere Berechnung der Spielzeit» nach. Gut möglich also, dass schon bald die Zeit gestoppt wird, wenn das Spiel unterbrochen wird oder der Ball im Aus ist. Das wären dann eher schlechte Neuigkeiten für Schwalbenkönige und sterbende Schwäne ...