In einer emotionalen Wutrede attackiert Dresden-Profi Chris Löwe am Donnerstag nach der 0:2-Pleite in Kiel die deutschen Fussball-Bosse. Selten zuvor erntete ein Fussballer nach einer Wutrede so viel Mitgefühl.
Erneut geht Dynamo Dresden als Verlierer vom Platz. Zum dritten Mal in Folge, zum fünften Mal seit dem Restart. Zwei Spieltage vor Saisonende hat das Schlusslicht der 2. Bundesliga fünf Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz, der Abstieg ist kaum mehr abzuwenden.
Seit dem 31. Mai – also innert 19 Tagen – musste Dresden nicht weniger als 7 Spiele bestreiten. Weil das Team aufgrund von zwei positiven Corona-Tests kurz vor dem Restart in Deutschland für zwei Wochen in Quarantäne musste und später als alle anderen wieder spielen konnte.
Und so langsam stossen die Sachsen nicht nur körperlich an ihre Grenzen, sondern auch mental. Nach der 0:2-Niederlage am Donnerstag in Kiel wird Dresdens Linksverteidiger Chris Löwe von seinen Emotionen übermannt. Im Sky-Interview bricht der 31-Jährige in Tränen aus und übt harsche Kritik an der Chefetage der Deutschen Fussball-Liga (DFL):
«Glauben Sie, dass einer in der DFL sich nur eine Sekunde Gedanken macht, was bei uns in den Köpfen vorgeht? Das ist denen alles scheissegal. Wir sind die, die den verfickten Preis bezahlen für den ganzen Scheiss.»
Löwe fühlt sich benachteiligt, weil sein Team einen klaren Nachteil gegenüber der Konkurrenz hat. Dresden konnte sich nicht optimal auf den Restart vorbereiten und musste in den letzten drei Wochen alle drei Tage spielen, während die anderen Teams viel mehr Zeit zur Regeneration bekamen. «Die Frage ist, ob dasselbe mit München oder Dortmund passiert wäre, oder nur mit uns?», so Löwe. «Die DFL-Leute sitzen in ihren 5'000 Euro teuren Bürostühlen, entscheiden über unsere Köpfe hinweg und wir sind die Idioten, die das Ganze ausbaden.»
Warum nahm sich die DFL nicht mehr Zeit?
Die DFL hatte vor dem Restart entschieden, die Meisterschaft bis Ende Juni zu beenden – hauptsächlich, um keine Probleme mit Spieler- und Trainerverträgen, die am 30. Juni auslaufen, zu bekommen. Andere Ligen wie etwa die Schweizer Super League oder die englische Premier League, welche erst in dieser Woche den Spielbetrieb wieder aufnehmen, zeigen jedoch, dass das Problem mit auslaufenden Spielerverträgen eigentlich gar keines ist. Lösungen werden gefunden, ausserdem sind transferierte Spieler ohnehin erst in der nächsten Saison spielberechtigt.
So muss sich die DFL die Frage stellen, ob es nicht doch besser gewesen wäre, den Saison-Endspurt bis Ende Juli auszuweiten. Löwe bringt es auf den Punkt: «Wir wechseln vor jedem Spiel fünf Positionen und können nicht so spielen, wie wir gerne spielen würden. Zeigt mir eine Mannschaft in der 2. Liga, die jedes Spiel fünf bis sechs Positionen wechselt und dann in der Lage ist, ihre Ziele zu erreichen.»
Für Dresden geht es Schlag auf Schlag weiter. Bereits am Sonntag gastiert das Team von Chris Löwe in Sandhausen, bevor es dann vor dem Saisonfinale endlich auch mal eine Woche Auszeit erhält. Vor dieser siebentägigen Pause ist Dresdens Abstieg in die 3. Liga aber womöglich bereits besiegelt.
Reaktionen der Fussball-Fans
Derweil kriegt Löwe für seine emotionalen Worte grosse Anerkennung von der Twitter-Gemeinde. «Rückwirkend glaube ich, dass wir zu schnell hingenommen haben, was da mit Dresden gemacht wurde. Vielleicht weil es ‹nur› Dresden war», schreibt ein User. Andere zollen dem Dresdner Respekt für seinen Mut und seine ehrlichen Worte.