Bundesliga Die Wundertüte FC Bayern München

Von Markus Wanderl

16.8.2019

Neuzugang Benjamin Pavard (links) im Austausch mit dem 27-jährigen Bayern-Routinier David Alaba. Um die Münchner ranken sich vor Saisonstart einige Fragezeichen. 
Neuzugang Benjamin Pavard (links) im Austausch mit dem 27-jährigen Bayern-Routinier David Alaba. Um die Münchner ranken sich vor Saisonstart einige Fragezeichen. 
Bild: Getty

Der FC Bayern empfängt heute (20.30 Uhr) zum Auftakt der 56. Bundesliga-Saison Hertha Berlin. Es ist in München derzeit etwas anders als die Jahre zuvor.

Wenn der langjährige FC-Bayern-Profi Javier Martínez am 2. September seinen 30. Geburtstag feiert, kann er gelassen aus dem Transferfenster schauen – für einmal sei diese Metapher erlaubt.

An diesem Tag bis um 18 Uhr müssen die deutschen Bundesligaklubs ihre Spieler-Geschäfte erledigt haben, und vielleicht, aber auch nur vielleicht fliegt Uli Hoeness dann die Ende Februar als bewusste Irreführung, wie man längst weiss, gedachte Aussage noch einmal gepflegt um die Ohren: «Wenn Sie wüssten, was wir schon alles sicher haben für die kommende Saison», hatte der Bayern-Präsident damals gesagt. Definitiv gesagt übrigens, und nicht angeblich – leibhaftig in der Sendung «Doppelpass» des deutschen TV-Senders Sport1 war’s gewesen.



Der Interessierte wusste damals, denn es war ja seit Januar offiziell, dass der FC Bayern ab dem Sommer Benjamin Pavard vom (späteren Absteiger) VfB Stuttgart im Kader haben würde, und auch der HSV-Jungprofi Jann-Fiete Arp war bereits eingekauft. Um die offizielle Bestätigung der Verpflichtung eines neben Pavard weiteren französischen Weltmeisters, jener von Lucas Hernández, wurde von den Münchnern dagegen noch ein Geheimnis gemacht, als wäre es um einen Zehnjahresvertrag mit Neymar gegangen. Doch Ende März hiess es dann: Hernandez kommt von Atlético Madrid. Dies für 80 Millionen Euro. Womit sich prima wieder der Bogen zum Basken Javier Martínez schliessen lässt.

Martínez war vor sieben Jahren, im August 2012, für die damalige Bundesliga-Rekordsumme von 40 Millionen Euro von Athletic Bilbao zu den Bayern gekommen, für den hälftigen Betrag also, die der FC Bayern nun für Hernandez überwiesen hat – andere Zeiten sind’s.

Keine Spur von den versprochenen Topzugängen

Ein knappes Jahr nach seiner Ankunft in München, am 1. Juni 2013, triumphierte Martínez mit dem FC Bayern im Cupfinal in Berlin. Es war nach dem Gewinn der Champions League am 23. Mai 2013 und der gewonnenen Meisterschaft die Vollendung des Triples unter dem Trainer Jupp Heynckes.



Überhaupt ist Martínez ja, seitdem er in München ist, immer Meister geworden: Sieben dieses höchsten aller nationalen Titel in Folge sind es nun schon. Wie sollte so jemand also bitteschön nicht gelassen sein?

Als Uli Hoeness die Mannschaft und den Trainer Niko Kovac neulich zum Abschluss des Trainingslagers zu einem gemeinsamen Essen in sein Stamm-Restaurant am Tegernsee eingeladen hatte, spielte Martínez Gitarre. Bilder zeigen: Relaxed sass er da, mit seiner Brille sah er aus wie ein Liedermacher. Pavard da, Arp da, Hernandez da, klar, und viele andere, aber eben: sonst nur altbekannte Gesichter wie etwa Jérôme Boateng, dem doch von Hoeness am Ende der letzten Saison frostig der Abschied empfohlen worden war. Von Topzugängen jedenfalls, die Hoeness im Februar schamlos ins Spiel gebracht hatte, keine Spur, nirgends. Und Martínez, der Champions-League-Sieger, lächelte bloss und zupfte an den Saiten einer Klampfe.



Warum derzeit nicht wenige Borussia Dortmund in der kommenden Meisterschaft vorn sehen, liegt nicht nur an einem bis anhin vom Münchner Sportdirektor Hasan Salihamidzic massgeblich verantworteten verhunzten Transfersommer – und daran, dass jener in Dortmund mit den Verpflichtungen von Mats Hummels, Nico Schulz, Julian Brandt und Thorgan Hazard für Bundesliga-Verhältnisse geradezu pompös ausgefallen ist.

Vor allem: Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge scheint mit Kovac partout keinen Frieden machen zu wollen, diverse verbale Spitzen sind verbürgt. Rummenigge hatte freilich vor einem Jahr Thomas Tuchel (PSG) in der Nachfolge von Heynckes gewollt. Und apropos Rummenigge. Der Westfale scheint überhaupt missmutig unterwegs, ist er doch gemäss «Süddeutscher Zeitung» «nicht einverstanden mit dem Zeitpunkt seines Abschieds, den Hoeness in den Gremien des FC Bayern für ihn ausverhandelte» – 2021 ist demnach für Rummenigge Zapfenstreich.

Und dann ist ja immer noch offen, ob sich an der Aufsichtsratssitzung am 29. August jene Meldung der «Bild»-Zeitung bestätigt, nach der sich Hoeness auf der Jahreshauptversammlung im November nicht mehr zur Wahl stellen werde. Nach 40 Jahren in verantwortlicher Tätigkeit: Hoeness weg vom FC Bayern? Wenn ja, Martínez, der niemandem mehr etwas beweisen muss, spielt ihm bestimmt ein Ständchen.

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