Am 16. November 2005 qualifiziert sich die Schweiz trotz 2:4-Niederlage gegen die Türkei für die Weltmeisterschaften 2006 in Deutschland. Die Bilder nach Spielschluss gehen um die Welt und das Quali-Spiel geht als «Schande von Istanbul» in die Geschichtsbücher ein.
In der 84. Minute schiesst Marco Streller das erlösende Tor, das die Schweiz trotz 2:4-Niederlage gegen die Türkei an die WM in Deutschland bringt. Doch Zeit zum Jubeln gibt es keine. Nachdem der belgische Schiedsrichter Franck De Bleeckere die Partie abgepfiffen hat, geht alles tumultartig zu und her. Die Nati-Spieler rennen Richtung Kabine. Auf dem Weg dorthin werden sie von den türkischen Spielern und Funktionären verfolgt und gar getreten. Von den Rängen hagelt es Münzen, Feuerzeuge und sonstige Gegenstände. Stéphane Grichting muss anschliessend sogar im Spital behandelt werden. Es sind Bilder des Grauens.
Auch in den Katakomben scheint die Situation angespannt zu bleiben. Philipp Degen geht noch euphorisch ins ARD-Interview und sagt: «Hoffentlich eskaliert es hier nicht noch und alles bleibt ruhig.» Und schon wird Degen die Sache zu brenzlig. «Schau, ich muss gehen», sagt der damals 22-Jährige zum Reporter und flüchtet. Daraufhin wird auch der Kameramann des ARD geschlagen.
Bereits vor dem Barrage-Rückspiel war die Lage zwischen der Türkei und der Schweiz angespannt. Beim 2:0-Heimsieg hat es nach Spielschluss verbale Auseinandersetzungen zwischen den Schweizern und den Türken gegeben. In Istanbul wurde die Nati alles andere als willkommen empfangen. Die türkischen Fans haben die Nati-Spieler bereits am Flughafen mit Plakaten und Buh-Rufen beleidigt.
«Es war eine sehr schlimme Erfahrung», erinnert sich «blue»-Experte Marco Streller. «Trotzdem bin ich sehr stolz, dass wir als Mannschaft, inklusive Staff, diesen Bedingungen getrotzt haben und uns für die WM qualifizieren konnten.» Auch 15 Jahre später kann sich Streller nicht erklären, wie es zu einer solchen Szenerie kommen konnte. «Wir haben dies relativ schnell verarbeitet. Deswegen fragen wir uns auch nicht mehr, wie das passieren konnte. Das bringt nichts.»
Beni Huggel rächt seine Teamkollegen
Beni Huggel wird an diesem Abend Opfer und Täter zugleich. Er rennt seinen Mitspielern hinterher und sieht, wie der türkische Assistenztrainer Valon Behrami ein Bein stellt. «Da bin ich halt dann auch explodiert, und habe mich mit einem Fusstritt für meinen Teamkollegen gerächt», erzählt Huggel gegenüber «Blick». Er muss die Konsequenzen für seine Tat tragen. «Weil mich die FIFA deshalb für sechs Spiele gesperrt hat, habe ich die Weltmeisterschaft in Deutschland verpasst. Ausgerechnet die WM, von der meine Teamkollegen immer gesagt haben, dass es das geilste Turnier gewesen sei.»